Politik

Republik übernimmt Hitlers Geburtshaus

Die Enteignung ist rechtskräftig, urteilte der Verfassungsgerichtshof. Das Gebäude soll nun umgestaltet werden. Die Lebenshilfe will einziehen.

Heute Redaktion
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Die Enteignung des Geburtshauses von Adolf Hitler in Braunau (OÖ) durch Gesetz war im öffentlichen Interesse geboten, verhältnismäßig und nicht entschädigungslos, sie ist daher nicht verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kommt der Verfassungsgerichtshof in einer am 30. Juni 2017 verkündeten Entscheidung.

Der Verfassungsgerichtshof betont wie bereits in früheren Entscheidungen, dass die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ein grundlegendes Merkmal der 1945 wiedererstandenen Republik ist. Die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag von Wien, das verfassungsgesetzliche Verbot der nationalsozialistischen Wiederbetätigung und der historische Kontext Österreichs gebieten allen Staatsorganen eine besondere Verantwortung im Umgang mit der Unterbindung von (neo-)nationalsozialistischem Gedankengut, heißt es in der Erkenntnis.

Hitler-Geburtshaus war den ehemaligen Eigentümern 1952 zurückgegeben worden. Die Republik mietete sich aber ein und nutzte das Eckhaus in Braunau für verschiedene Zwecke, zuletzt als Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich. Diese zog 2011 aus, seither steht das Haus leer.

Im Vorjahr kam das Innenministerium – nach vergeblichen Gesprächen mit der gesundheitlich angeschlagenen Besitzerin Gerlinde P. – zum Schluss, dass die Enteignung nötig sei. Das Haus solle nicht zur Wallfahrtsstätte für Neo-Nazis werden. Dafür wurde eigens ein Gesetz beschlossen, das am 14. Jänner 2017 in Kraft trat.

Lebenshilfe wird einziehen



Eine vom Innenministerium eingesetzte Historikerkommission unter der Leitung von Hermann Feiner, dem Leiter der Sektion IV "Service und Kontrolle" im Innenministerium, kam zu dem Schluss, dass das Gebäude eine "tiefgreifende architektonische Veränderung" erhalten solle. Genutzt werden dürfte das Haus künftig von einer "sozial-karitativen Einrichtung", vorzugsweise wieder der Lebenshilfe. Gerlinde P. und ihr Anwalt hatten stets betont, dass die Entschädigung zu gering sei.

Auf das letzte Kaufangebot habe die Frau aber gar nicht mehr reagiert, sagte hingegen Feiner. Außerdem bestehe das Problem nicht in Neonazi-Aufmärschen. "Viel gefährlicher sind die Gruppen, die subkutan auftreten." Feiner nannte als Beispiel Vertreter der rechtsextremen Jobbik-Partei aus Ungarn, die Braunau in der Vergangenheit einen Besuch abgestattet hätten. "Das ist für die breite Öffentlichkeit nie wahrnehmbar, sondern erscheint über die Sozialen Medien", meinte Feiner zum Kurier.

Anfang Juli soll es unter Federführung der Bundesimmobiliengesellschaft die erste Sitzung zur Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs geben.

(GP)