Jetzt im Sommer sorgte ein Haus in der Nordbahnstraße 50 in Wien-Leopoldstadt für Aufsehen: Das leerstehende Gebäude – früher die Bundesbahndirektion, heute im Besitz der mittlerweile insolventen Immobilienfirma Imfarr – war plötzlich wieder belebt. Allerdings nicht ganz legal.
Zwei aufmerksame Anrainer stoppten schon einmal nachts einen Streifenwagen. Die Polizei kam mit Blaulicht und sah nach dem Rechten – und stieß offenbar auf eine wilde Hausbesetzung. Mit Taschenlampen durchsuchten die Beamten das Gebäude. Mehrere Türen waren aufgebrochen, der Innenbereich beschädigt, einige Personen sollen laut den Nachbarn über Fenster und Nebentüren geflüchtet sein.
Wie die beiden Nachbarn Thomas R. und Marianne B. (Namen geändert) gegenüber "Heute" berichten, habe sich nach dem Einsatz nichts geändert. "Die Polizisten haben wohl Personalien aufgenommen, aber die Leute sind gleich danach wieder ins Haus zurück", so Thomas. Zu sehen waren mehrere Männer und eine Frau, offenbar eine eher inoffizielle Wohngemeinschaft. Wie lange sie bereits dort sind, ist unklar. Das Gebäude selbst steht zumindest seit mehreren Jahren leer – und verfällt zusehends.
Für Marianne ist die Lage mittlerweile untragbar: "Natürlich hat man bei so was Angst. Man weiß ja nicht, wer da drinnen ist und was dort passiert. Das Gebäude ist groß – und es schaut immer schlimmer aus."
Auch Thomas macht sich Gedanken: Nur rund 130 Meter entfernt befindet sich die Einrichtung "Neustart", in der ehemalige Häftlinge betreut werden. "Ich will niemandem Unrecht tun", sagt er, "aber wenn man weiß, dass dort Menschen mit schwieriger Vergangenheit wohnen, dann macht man sich halt eher Sorgen – vor allem, wenn plötzlich so viele Unbekannte im leerstehenden Gebäude unterwegs sind."
Das historische Gebäude umfasst rund 16.000Quadratmeter und ging im April 2021 an die Immobilienfirma imfarr – die allerdings Ende 2024 Insolvenz anmelden musste, wie Branchenmedien berichteten. Zuletzt wechselte die Liegenschaft im Jahr 2015 – noch vor einer umfassenden Sanierung – um rund 43Millionen Euro den Besitzer. Es ist davon auszugehen, dass der Wert seither gestiegen ist. Doch anstatt Wohnungen oder einem neuen Prestigeprojekt regieren derzeit Stillstand und Spraydose.
"Heute" machte sich vor Ort ein Bild: Türen standen offen, Fenster waren gekippt. Im Inneren lagen ein herausgerissener Feuerwehrschlauch und leere Flaschen. Offenbar war – oder ist – das Gebäude bewohnt. Nur: von wem?
Marianne erzählt: "Da kommen ständig größere Gruppen raus. Einmal hat ein aggressiver Mann wild auf mich gezeigt und gestikuliert. Ich hab sofort die Jalousien runtergezogen."
Thomas und sie gingen gemeinsam ins Gebäude: "Wir wollten schauen, was da los ist. Aber wir sind gleich wieder raus. Alles war nass, es hat gestunken. Überall leere Flaschen."
Ein anderes Mal schaute sie aus dem Fenster – und ein Mann im Haus formte mit den Fingern eine Pistole und zielte auf sie.
Wer dort ein- und aus geht, ist unklar. "Ich will niemanden beschuldigen, wirklich nicht. Aber da sind viele Menschen unterwegs – auch vom Tageszentrum ums Eck oder vom Praterstern." Und weiter: "Ich verstehe ja, dass diese Menschen irgendwo hinmüssen. Aber ich hab einfach Angst."
"Heute" fragte bei der Bezirksvorstehung Wien-Leopoldstadt nach: "Von solchen Partys ist uns nichts bekannt. Sollte es erneut zu derartigen Vorkommnissen kommen, empfehlen wir dringend, umgehend die Polizei zu verständigen", heißt es auf Anfrage.
Nur die Polizei zu rufen, wird auf Dauer nichts ändern: "Man sieht jeden Tag, wie das Haus mehr verfällt. Dabei ist es so viel wert – und nichts passiert!", so Thomas. Für die Anrainer ist klar: "So kann es nicht weitergehen. Es muss rasch geräumt und gesichert werden – bevor aus dem Denkmal ein Dauerproblem wird."