Österreich

Ahmad: Alsergrund als sozialer Vorzeigebezirk

Heute Redaktion
Teilen
Polit-Premiere im Alsergrund: Saya Ahmad wird nicht nur Wiens jüngste Bezirkschefin, sondern auch die erste mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung sein.
Polit-Premiere im Alsergrund: Saya Ahmad wird nicht nur Wiens jüngste Bezirkschefin, sondern auch die erste mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung sein.
Bild: Sabine Hertel

Die designierte Bezirkschefin im Alersgrund will eine Bezirksvorsteherin für alle sein. Mit digitalen Medien, mehr Sprechstunden und Grätzltouren will sie näher an die Bürger.

Am 12. März wurde Saya Ahmad – etwas überraschend – mit großer Mehrheit bei der Bezirksjahreskonferenz der SPÖ Alsergrund zur Nachfolgerin von Martina Malyar gewählt, "Heute" hat berichtet.

Mit der Wahl von Saya Ahmad setzt der Alsergrund ein politisches Zeichen. Ahmad wird nicht nur die jüngste Bezirkschefin Wiens, sondern auch die erste mit Migrationshintergrund und die erste mit persönlicher Fluchterfahrung sein.

Bezirksvorsteherin für alle

Nun stellte sich die designierte Bezirksvorsteherin erstmals den Medien vor. "Ich will eine Bezirksvorsteherin für alle sein", gibt Ahmad als persönliches Ziel aus. Sie selbst sei mit ihrer Familie 1991 vor den Repressalien des Saddam Hussein-Regimes aus dem Irak geflohen. Über Zwischenstationen, darunter das Flüchtlingslager Traiskirchen, sei die Familie nach Klagenfurt gekommen. Nach ihrer Matura zog Ahmad wegen ihres Studiums (Internationale Entwicklung an der Universität Wien) nach Wien-Alsergrund.

"Ich habe damals viel Unterstützung und Chancen vorgefunden", das will ich jetzt weitergeben", erklärt Ahmad. Gerade in Zeiten des "scharfen Gegenwinds" durch Türkis-Blau soll der Alsergrund ein Bollwerk für die Schwächeren der Gesellschaft sein. Dazu braucht es eine geradlinige Politik mit Rückgrat", so Ahmad.

Politik näher an die Menschen

Die Bezirkspolitik soll näher an die Menschen, betont Ahmad. Konkret soll das mit regelmäßigen Grätzltouren, Sprechstunden im öffentlichen Raum und dem Einsatz digitaler Medien gelingen. Zusätzlich soll die Vernetzung im Bezirk nach Vorbild des Kulturstammtisches verstärkt werden. Ahmad plant etwa eine Bezirksjugendvertretung, um den Austausch von Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten zu fördern.

"Neunter" als sozialer Vorzeigebezirk

Der Alsergrund soll sein Profil als "sozialer Vorzeigebezirk" schärfen, betont die designierte Bezirksvorsteherin. Daher sei der Einsatz für leistbares Wohnen, etwa bei der Entwicklung der Althangründe, so wichtig. Von den Betreibern des Projekts erwartet sie, dass genügend Wohnangebote an sozial Schwächere gemacht werden. "Solange unserer Forderung nach leistbarem Wohnraum nicht erfüllt wird, verwehre ich mich gegen jeden weiteren Meter Hochhaus", erklärt Ahmad, die auch persönlich keine Freundin von Hochhäusern sei. Zusätzlich sollen die öffentliche Plätze attraktiver gestaltet werden. Mit mehr Budget für den Integrations- und Sozialbereich sowie neuen Sozialsprechtagen will Ahmad den Zusammenhalt im Bezirk stärken.

Nein zu Kopftuchverbot, ja zu Ausländerwahlrecht

Einem Kopftuchverbot in den Schulen, wie von der Landesparteisekretärin der SPÖ Wien Barbara Novak gefordert, kann die Politikerin nichts abgewinnen. "Ich halte die Unterstützung von jungen Frauen für wichtiger als Verbote", betont Ahmad.

Zustimmung kommt hingegen für den Vorschlag, das Wahlrecht zumindest auf regionaler Ebene auch für Ausländer umzusetzen. Bei der Bezirksjahreskonferenz der SPÖ Alsergrund wurde ein entsprechender Antrag mit großer Mehrheit angenommen.

Kein vordringliches Thema für den neuen Parteichef Michael Ludwig, wie er auf Medienanfragen erklärte. "Die Diskussion ist in der SPÖ nichts Neues. Ich bin aber dafür, weil auch auf diesem Wege Integration passiert", so Ahmad.

SPÖ-Bezirkschef freut sich über dynamische Bezirkschefin

Erfreut über die Wahl von Saya Ahmad als Nachfolgerin von Martina Malyar zeigte sich der Bezirksparteichef der SPÖ Alsergrund, Siegi Lindenmayr. "Ich bin mir sicher, dass Saya Ahmad eine sehr dynamische und präsente Bezirksvorsteherin werden wird", erklärt Lindenmayr.

Eine Kampfabstimmung habe es aber nicht gegeben. "Wir haben im Alsergrund seit 25 Jahren Doppel- oder Mehrfachkandidaturen. Das würde ich mir auf allen Ebenen der SPÖ wünschen", so Lindenmayr.

Übergabe im Sommer

Offiziell wird die 33-jährige Saya Ahmad das Amt der Bezirksvorsteherin von Martina Malyar im Juni übernehmen. Stellvertretender Bezirksvorsteher im Alsergrund bleibt wie bisher Thomas Liebich.

Neos fordern Ende der Schuldenpolitik

Die Neos im Alsergrund loben die positive Zusammenarbeit mit Martina Malyar und verweisen auf erfolgreich umgesetzte Projekte wie dem Livestreaming im Bezirk oder die Belebung der Einkaufsstraßen.

Von der neuen Bezirksvorsteherin fordern die Neos vor allem ein "Ende der Schuldenpolitik", wie Szabolcs Nagy, NEOS-Klubchef am Alsergrund in einer Aussendung betont. Der Alsergrund sei einer der am höchsten verschuldeten Bezirke, das schränke die Bezirksvertretung in ihrem Handlungsspielraum enorm ein, so Nagy. (lok)