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Scharfe Schüsse an EU-Außengrenze – 19-Jähriger verletzt

An der bulgarisch-türkischen Grenze finden illegale Abschiebungen statt. Ein Video zeigt auch, wie Sicherheitskräfte auf einen 19-Jährigen schießen.

20 Minuten
Ein bulgarischer Polizei-Beamter an der Grenze zur Türkei im September 2022.
Ein bulgarischer Polizei-Beamter an der Grenze zur Türkei im September 2022.
NIKOLAY DOYCHINOV / AFP / picturedesk.com

Es gab dieses Jahr 150.000 Versuche, von der Türkei nach Bulgarien zu kommen – vier Mal so viele wie im Vorjahr (36.000). Diese Zahlen machen mehr als klar, wie stark der Druck an der bulgarisch-türkischen Grenze zugenommen hat. Die Antwort der Grenzschützer: Pushbacks, also illegale Abschiebungen von geflüchteten Menschen über die Grenze ohne Überprüfung der Einzelfälle.

Dabei überleben einige Menschen den Weg durch das Niemandsland an der Grenze nicht. "Zu viele Flüchtlinge sind in den Strandja-Bergen gestorben", sagt Gerichtsmedizinerin Galina Mileva in Burgas. "Diejenigen, die krank sind oder nicht laufen können, denn sie laufen ohne Wasser und Nahrung, die Schwachen werden zurückgelassen und sterben."

"In einem Land, das sich europäisch nennt"

Abdullah (19) hat nur mit Glück überlebt. Er war mit einer Gruppe junger Männer unterwegs und setzte nach Bulgarien über. Noch am Grenzzaun wurden sie von Sicherheitskräften aufgegriffen, die sie zurück in die Türkei schickten. Die jungen Männer fluchten, warfen Steine. Die bulgarische Polizei spricht später von "aggressivem und feindlichem Verhalten".

Ein Flüchtling filmt den Tumult am Grenzzaun mit dem Handy – und hält auch drauf, als ein Schuss fällt und Abdullah strauchelt und fällt. Die Kugel hat ihn in die Brust getroffen, offenbar nur knapp am Herzen vorbei. Man hört verzweifelte Rufe, sieht hilflose Versuche, erste Hilfe zu leisten.

Der 19-Jährige wird in ein türkisches Krankenhaus gebracht und operiert. Der Arztbrief bestätigt die Verletzung durch ein Projektil. Abdullah beschuldigt die bulgarische Grenzpolizei. Diese habe erst Warnschüsse abgegeben und dann direkt auf ihn geschossen. "Wenn die Kugel die Vene zerstört hätte, würde ich jetzt nicht mehr leben", berichtet er der Tagesschau.de. "Es ist ein Wunder. Ich hätte nie gedacht, dass auf mich geschossen wird. In einem Land, das sich europäisch nennt."

Aussage gegen Aussage

Das Video, in dem auf Abdullah geschossen wird, haben Journalisten in einer gemeinsamen Recherche des ARD-Studios Wien, "Lighthouse Reports", "Sky News", "Le Monde", "The Times" und "Domani" Forensikern und Audioexperten vorgelegt. Demnach wurde der Schuss aus Richtung der bulgarischen Seite abgefeuert, von den bulgarischen Grenzwächtern.

Das bulgarische Innenministerium widerspricht: An jenem 3. Oktober habe es einen Gewaltausbruch an der Grenze gegeben, heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Steine seien geworfen und ein Polizist verletzt worden. Von ihrer Seite seien aber keine Schüsse abgegeben worden.

Führt die EU an ihrer Aussengrenze mittlerweile einen bewaffneten Krieg gegen Geflüchtete? Das nun nicht gerade, aber: "Dass bulgarische Grenzschützer scharfe Munition mit sich führen, spricht für eine neue Eskalationsstufe", sagt die an der Recherche beteiligte ARD-Reporterin.

EU-Außengrenze: Kein Zugang für Journalisten

Dabei sei der Fall Abdullahs kein Einzelfall. "Wir haben immer wieder Berichte gehört, dass auf bulgarischer und türkischer Seite geschossen worden sein soll. Die Rede war vor allen Dingen von Warnschüssen", sagt Anna Tillack. Doch die Berichte seien sehr schwer zu verifizieren, denn die Gebiete an der EU-Außengrenze zählen als militärisches Sperrgebiet – Journalisten haben keinen Zugang und können sich selbst kein Bild machen.

Es gebe in Bulgarien immer wieder Vorfälle, bei denen Polizisten und Schlepperbanden aneinandergeraten und Menschen verletzt würden, so Tillack. Der EU sei das Problem offenbar nicht bekannt: Man bescheinigte Bulgarien einen guten und sicheren Grenzschutz, bei dem die Grundrechte gewahrt würden.

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