Jörg Kachelmann nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Der streitbare Wetter-Experte setzt auf direkten Konfrontationskurs – auch gegenüber anderen Meteorologen. In einem neuen Interview mit der "Bild" rechnet der 67-Jährige nun mit allen ab.
Droht 2025 ein "Höllensommer"? Die wenigen Meteorologen, die im Frühjahr einen solchen prophezeit hätten, bezeichnet Kachelmann als "Scharlatane", die die deutsche Medienlandschaft mit solchen Horrormeldungen bespielen würden.
"Dumm klickt gut, deshalb werden all die abseitigen Rekordvorhersagen so gerne genommen. Sie und Ihre Zeitung würden das natürlich nie tun, was mich sehr berührt, das halten aber leider nicht alle so", teilt er heftig aus.
„Die Wahrnehmung, was normal ist und was nicht, hat sich völlig verschoben.“Jörg Kachelmann
Abgesehen von diesen wenigen schwarzen Schafen seien die seriösen Experten richtig gelegen: Sie haben nichts vorhergesagt. Er habe deshalb schon im Mai schriftlich festgehalten: "Kein Schwein weiß, wie der Sommer wird. Außer, dass wir in Klimawandelzeiten wissen, dass er auf alle Fälle zu warm wird."
Waren die Sommer früher beständiger, klarer, berechenbarer? Kachelmann: "Das ist völliger Blödsinn, Pardon, selektive Wahrnehmung. Die Sommer waren nie, wie sie früher einmal gewesen sein sollen. Es gab viele Sommer, da gab es nicht einmal 30 Grad an vielen Orten. Die Wahrnehmung, was normal ist und was nicht, hat sich völlig verschoben."
Da helfe es nicht, dass Deutschland ein "bildungsfernes Schwurbelland" sei: "Wir sind leider quer durch die Bevölkerung nicht die hellste Kerze auf der Torte, was solche Themen betrifft."
„Der Klimawandel ist real und ist menschengemacht, darüber will ich mit all den Bekloppten da draußen gar nicht mehr diskutieren.“Jörg Kachelmann
Wie verläuft der Sommer 2025 bislang? "Abgerechnet wird Ende August", betont der 67-Jährige. Insgesamt werden die drei Monate zu warm verlaufen sein, er rechnet jedoch mit einem starken Nord-Süd-Gefälle innerhalb Deutschlands.
Wie zuverlässig sind Wettervorhersagen wirklich? "Man kann schon ziemlich gut die nächsten ein, zwei Wochen eingrenzen, ob es eher warm, kalt, nass, trocken wird", erklärt der Wetter-Experte. Darüber hinaus werde es schwierig. Aber: " Es ist auch ziemlich sicher, wenn ich vorhersage, dass der kommende Herbst, Winter, Frühling, Sommer wärmer wird als im langjährigen Durchschnitt. Man weiß auch, was passiert, wenn man mehr Treibhausgase in die Atmosphäre pustet."
Was ist schlimmer? Klimawandel-Leugner oder -Apokalyptiker? Für Kachelmann sind beide Haltungen Symptome eines Bildungsproblems in Deutschland: "Der Klimawandel ist real und ist menschengemacht, darüber will ich mit all den Bekloppten da draußen gar nicht mehr diskutieren." Andererseits hätten viele Klimaaktivisten "ganz viele Dinge nicht verstanden".
Der Schweizer Meteorologe hält fest: "Der Klimawandel ist eine gefährliche Reise in eine unbekannte Zukunft, von der wir nicht genau wissen, wo wir ankommen werden." Es bestehe aber eine verzerrte Wahrnehmung über die Opfer des Klimawandels, weil die schlimmsten Dinge zunächst in weit entfernten Ländern passieren würden.
Nachsatz: "Und dieses lethargische Nichtstun durch die Politik, die so sehr keine Lust auf irgendwas hat, um die schlimmsten Folgen abzufangen, kann einen schon verzweifeln lassen."