Wien

Scheidung, Lockdown – nun besiegte Elke Alkoholsucht

Unter dem Motto "Frauen für Frauen" unterstützt die Gesundheitsgreißlerei (Favoriten) Wienerinnen, die von Alkohol loskommen wollen.  

Louis Kraft
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    Seit zweieinhalb Jahren kämpft Elke K. (44) gegen ihr Problem mit dem Alkohol. "Mit Scheidung, dem Wegzug meines Kind und Corona ist mir alles zu viel geworden", erzählt sie im Gespräch mit "Heute".
    Seit zweieinhalb Jahren kämpft Elke K. (44) gegen ihr Problem mit dem Alkohol. "Mit Scheidung, dem Wegzug meines Kind und Corona ist mir alles zu viel geworden", erzählt sie im Gespräch mit "Heute".
    Denise Auer

    "Für mich war einfach alles zu viel und alles zu schnell", erzählt Elke K. (44) im Gespräch mit "Heute". Schon in den vergangenen zweieinhalb Jahren trank die Wienerin mehr Wein und Bier als ihr gut tat. Als dann noch die Scheidung, die Entscheidung ihres Kindes, beim Vater in Tirol zu leben und die Coronakrise samt Lockdowns dazu kam, wurde der Alkohol ihr regelmäßiger Begleiter.

    Reines Frauenteam gibt Patientinnen die nötige Sicherheit

    Doch seit drei Monaten ist sie bei der "Gesundheitsgreißlerei" (Favoriten) in Therapie – und ist trocken. Elke ist eine von derzeit rund 70 Wienerinnen, die sich in der "Gesundheitsgreißlerei" Hilfe holen. Die meisten wollen vom Alkohol wegkommen, vereinzelt sind auch Frauen dabei, die von Drogen abhängig sind. Das besondere an der Einrichtung ist, dass wir nach dem Prinzip "Frauen für Frauen" gearbeitet wird. Das gesamte Personal ist ebenso weiblich, wie die Patienten, die hier herkommen. 

    "Bei vielen Frauen stehen hinter dem Suchtproblem auch traumatische Erfahrungen mit Männern", erklärt Gesundheitsgreißlerei-Geschäftsführerin und klinische Psychologin Barbara Gegenhuber. Durch das reine Frauen-Team bekommen sie in der "Gesundheitsgreißlerei" die nötige Sicherheit. Diese ist Teil des Projekts "Alkohol. Leben können" und eine Außenstelle des Schweizerhaus Hadersdorf, das bereits seit 1998 Alkohol- und Drogenabhängigen beim Kampf gegen die Sucht hilft. Dabei habe sich auch deutlich der Bedarf an reinen Frauen-Gruppen gezeigt, erzählt Gegenhuber. Durch die Coronakrise und die Mehrfachbelastung aus Job, Familie und Sucht sei das noch weiter gestiegen. 

    Seit Dezember 2020 gibt es nun in der Columbusgasse 103 (Favoriten) die "Gesundheitsgreißlerei", die eben das bietet. Auch für Elke eine große Erleichterung: "Es ist einfach toll, wieviele starke Frauen hier zusammenkommen. Wir erzählen uns unsere Geschichten, lernen und unternehmen zusammen etwas. Das Tolle ist, das hier niemand verurteilt", betont sie. 

    Mutige Wienerin ist nun wieder trocken

    Mit bestechender Offenheit und viel Mut spricht sie über ihre vergangenen Trinkgewohnheiten. Alkoholismus sei eine Krankheit, für die sich niemand zu schämen brauche, stellt Elke klar. Sie versuchte auch selbst ihre Krankheit zu besiegen, nicht immer mit Erfolg. "Ich hatte zwei Rückfälle. Manchmal habe ich monatelang nichts getrunken, dann aber schon wieder", erinnert sie sich. Durch die Unterstützung ihrer Leidensgenossinnen und der Betreuerinnen hat sie sich nun wieder aufs "Trockene" gekämpft. Der Tag des "Heute"-Besuchs in der "Gesundheitsgreißlerei" war auch der letzte Tag von Elke's Therapierunde. Sie fühlt sich aber so wohl, dass sie verlängern will. 

    Kostenlose Hilfe für Frauen läuft über zwei Schienen

    "Die Therapie läuft bei uns auf zwei Schienen ab", erklärt Gegenhuber. Die eine ist eine ganztägige ambulante Struktur. Dabei kommen die Patientinnen Montag bis Freitag von 9 bis circa 16.30 Uhr in die "Gesundheistgreißlerei". Nach einem gemeinsamen Frühstück gibt es verschiedene Programme. Darunter Gruppentherapie-Sitzungen, Bastel runden (so haben die Frauen etwa "Glücksgläser" gebastelt, in die sie auf kleinen Zetteln ihre Wünsche und Träume stecken können) oder gemeinsame Bewegung. "Es gibt auch eine Walking-Gruppe", so Gegenhuber. Durch den Stundenplan erhalten die Frauen eine Tagesstruktur zurück. Das sei wichtig, denn ohne diese würde die Gefahr auf Rückfälle wieder deutlich steigen, wie die Psychologin erklärt.

    Die zweite Schiene sind die ambulanten Einzelstunden. Diese werden individuell an die jeweilige Patientin angepasst. "Manche kommen zwei bis drei Mal die Woche, andere nur alle paar Monate", erzählt Gegenhuber. Auch Elke will dieses Angebot in Anspruch nehmen und beide Schienen kombinieren. 

    Für die Frauen, die über das Projekt "Alkohol leben können" an die "Gesundheitsgreißlerei" verwiesen werden, ist die Therapie kostenlos. Ein Grund mehr für Elke, die "Gesundheitsgreißlerei" weiter zu empfehlen. "Ich kann nur sagen, es ist ein wichtiger und richtiger Schritt, vor dem niemand Angst haben muss. Wichtig ist vor allem, sich gegenüber ehrlich zu sein und sich Hilfe zu holen", unterstreicht die Wienerin. Beim Bemühen um die Hebung des eigenen Selbstwertes, der Selbstachtung und vor allem der Selbstliebe, unterstützen dann die Frauen, die dasselbe durchmachen.