Ein alltäglicher Heimweg endete für Cornelia K. (39) in einem Albtraum: Die Ergotherapeutin überquerte am Abend des 19. November gegen 17.45 Uhr bei der U1-Station Kagran die Straßenbahngleise und übersah in der Dunkelheit ein Schlagloch. Ein Moment der Unachtsamkeit – mit schwerwiegenden Folgen.
Cornelia K. stürzte, zog sich zwei gerissene Bänder und ein beschädigtes Sehnentransplantat im Sprunggelenk zu. Die Konsequenz: acht Wochen Krankenstand, Schmerzen und Kosten in Höhe von bisher rund 2.500 Euro für Ärzte, Apotheke, Orthesen und Physiotherapie.
Doch damit nicht genug: Während drei Passantinnen der Verunglückten zur Hilfe eilten, zeigte ein Mitarbeiter der Wiener Linien wenig Mitgefühl. "Ich habe ihn dreimal gebeten, die Rettung zu rufen, aber er hat nur weitergeraucht und gesagt, ich solle selbst anrufen", berichtet Cornelia. Schließlich musste sie sich trotz starker Schmerzen selbst um Hilfe kümmern.
Nach Aufenthalten in der Klinik Floridsdorf und Gesprächen mit Ärzten im Herz-Jesu-Krankenhaus entschied sich Cornelia gegen eine Operation am Fuß. Für acht Wochen muss sie zu Hause bleiben. "Ich darf den Fuß nicht belasten, kann also auch nicht arbeiten", erzählt sie. Aus heutiger Sicht sei ungewiss, ob es zu Folgeschäden kommt. Bewegungs-, Stabilitäts- und Kraftdefizite sowie anhaltende Schmerz- und Ödemzustände, die Operationen sowie langwierige Rehabilitationsverfahren nach sich ziehen können, sind nicht gänzlich ausgeschlossen.
Der Unfallort ist eine stark frequentierte Stelle. Von der U1-Station in Richtung Donauzentrum klaffte direkt vor den Straßenbahngleisen ein Loch, verursacht durch herausgebrochenen Asphalt und Pflastersteine. "Das ist eine regelrechte Gefahrenstelle", so Cornelia. Nach ihrem Sturz war das Schlagloch offenbar schnell verschwunden – wenige Tage später wurde es neu asphaltiert und sogar gepflastert.
Auf Anraten der Polizei erstattete die 39-Jährige Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Körperverletzung. Doch vonseiten der Wiener Linien wird keine Haftung übernommen, teilt man ihr mit. Die Begründung: Es werden in vorgeschriebenen regelmäßigen Abständen Begehungen durchgeführt, um eventuelle Mängel festzustellen. Man bezieht sich dabei auf eine Begehung der U1-Station im September.
"Bei der letzten regulären Begehung wurde kein Mangel festgestellt. Dies schließt nicht aus, dass nachträglich Mängel auch vor der nächsten geplanten Überprüfung auftreten können. Die Wiener Linien haben sofort nach Bekanntwerden des Mangels an der besagten Stelle mit der Behebung des Mangels begonnen", heißt es von den Wiener Linien auf "Heute"-Nachfrage. Für die entstandenen Umstände entschuldigen sie sich bei der Betroffenen.
Der auf Verkehrsrecht spezialisierte Anwalt Erich Sedelmayer vertritt die Betroffene. Seiner Einschätzung nach müssen die Wiener Linien haften. "Aus den Fotos von der Unfallstelle ist klar ersichtlich, dass so ein Schaden nicht von heute auf morgen entsteht. Das Loch befindet sich in unmittelbarer Nähe eines Übergangs, der von vielen Menschen genutzt wird. Auch ist dort ein Blindenstreifen. Ich sehe hier kein leichtes, sondern ein grobes Verschulden", erklärt er gegenüber "Heute".
Cornelia möchte mithilfe ihres Anwalts vollen Schadenersatz erzielen. Die genaue Summe könne bis dato noch nicht beziffert werden, da die ärztliche Behandlung nicht abgeschlossen sei. Zudem sucht die Ergotherapeutin nach Zeugen, um in einem möglichen Rechtsstreit bessere Chancen zu haben: "Vielleicht hat jemand meinen Unfall beobachtet oder selbst Probleme an dieser Gefahrenstelle gehabt", sagt sie.