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Schüler haben Albträume wegen Gruselgestalt Momo

Die Gruselfigur Momo verängstigt und belästigt seit Monaten Leute per WhatsApp. Wie sehr, zeigt eine Umfrage unter Schülern in der Schweiz.

Heute Redaktion
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Die kleine Tochter von S.B.* konnte während der letzten Tagen nicht mehr richtig schlafen. Der Grund der Angst der 8-Jährigen: die Gruselfigur Momo. Von dieser hatte sie auf dem Pausenplatz durch ältere Schüler erfahren. "Meine Tochter besitzt noch kein Mobiltelefon, aber Momo wurde derart zum Thema, dass schließlich die Lehrperson mit der ganzen 2. Klasse über das Problem sprach", sagt die Mutter gegenüber der Schweizer Zeitung "20 Minuten". Mehrere Schüler der Zürcher Primarschule hätten nicht mehr alleine schlafen wollen und sich sehr vor Momo gefürchtet. "Ich bin froh, dass die Schule reagiert hat", so S.B.*.

Eine nicht repräsentative Umfrage von "20 Minuten" zeigt, dass die Furcht vor der Gruselfigur unter Schülern weit verbreitet ist. Mila (10), Ella (11) und Lou (11) sprechen von der "gruseligen Frau mit den großen Augen". Mila fragt sich, was dahintersteckt: "Die Figur ist unheimlich. Ich habe keine Ahnung, um wen es sich in Wirklichkeit handelt." Die Schülerin, die anonym bleiben möchte, hat einen Kollegen, der sich einen Spaß daraus machte, sich per WhatsApp selber als Momo auszugeben: "Er wählte Momo als Profilbild und schrieb mich und andere an. Das ist eigentlich völliger Blödsinn."

Kettenbrief kursiert unter Jugendlichen

Soraja (13) hat keine Angst vor Momo: "Ja, ich erhielt eine solche WhatsApp-Nachricht. Einige meiner Freunde fürchten sich vor Momo und konnten deswegen nicht mehr schlafen. Einmal kam ein Kettenbrief, in dem stand, dass Momo in der Ecke stehe und einen umbringe, wenn man die Nachricht nicht an eine bestimmte Anzahl Leute weiterleite." Sie habe dennoch alles einfach gelöscht.

Im deutschsprachigen Raum kursiert seit einigen Wochen ein WhatsApp-Kettenbrief mit Momo als angeblichem Absender. Darin outet sich die Gruselfigur als Mädchen, das vor 3 Jahren von einem Auto überfahren wurde und ums Leben kam. Momo droht dem Kettenbriefempfänger damit, dass sie um Mitternacht in dessen Zimmer stehen werde, sofern er die Nachricht nicht an 15 Kontakte weiterleite. Zahlreiche YouTuber haben Videos veröffentlicht, in denen sie ebenfalls per WhatsApp Kontakt mit Momo aufnehmen.

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Zuletzt sorgte die sogenannte Momo-Challenge für traurige Schlagzeilen. Unter Momos Namen werden weltweit Jugendliche dazu aufgefordert, sich bestimmten Aufgaben zu stellen. Laut internationalen Medienberichten trieben diese Aufgaben einen 14-jährigen Franzosen in den Tod.

Ängste der Schüler ernst nehmen

Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, sagt, dass die Kettenbriefe und Videos, die unter Momos Namen auftauchen, eine weitere Form von Cybermobbing darstellen würden. "Die Ängste der Kinder müssen unbedingt ernst genommen und besprochen werden. Die Schüler müssen verstehen, dass sie immer mit Erwachsenen sprechen sollen, wenn sie online auf etwas stoßen, was Unbehagen auslöst." Es sei wichtig, den angemessenen Umgang mit digitalen Geräten sowie deren Inhalten früh zu thematisieren, privat wie auch in der Schule. Dass eine Thematik wie Momo in der Schule angesprochen wird, findet Peterhans richtig.

"Beim Momo-Phänomen sind wir eher unsicher"

Alfred Felix, Leiter der Stadtzürcher Fachstelle für Gewaltprävention (FfG), findet die Prävention und Thematisierung von potenziell gefährlichen Kettenbriefen wichtig, aber: "Beim Momo-Phänomen sind wir eher unsicher. Bisher sind wenige Schulanfragen an uns gelangt." Schüler seien untereinander grundsätzlich gut vernetzt und informiert, was zu einer wichtigen Aufklärung in der Peergroup führe, so Felix.

Was kann man tun?

Laut Felix sollte Prävention in der Schule nicht auf einzelne Phänomene wie Momo reduziert werden. Es müsse allgemein klargestellt werden, dass soziale Netzwerke missbräuchlich genutzt werden können. Aufklärung brauche es zudem auch bei den Eltern. Diese sollten mit ihren Kindern über WhatsApp-Nachrichten und über Kettenbriefe sprechen. "Sollte es zu einer Kontaktaufnahme kommen, nicht antworten, den Kontakt sperren und sich an eine Vertrauensperson oder bei konkreter Drohung direkt an die Polizei wenden." (jk/bz)