Gesundheit

Schwangere muss toten Fötus austragen und stirbt 

Agnieszka, 37, aus Częstochowa, war mit Zwillingen schwanger. Als ein Fötus stirbt, wird er nicht gleich entfernt – das Todesurteil für die Mutter.

Sabine Primes
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Die strikte Abtreibungspolitik in Polen ruft regelmäßig Proteste auf den Plan. 
Die strikte Abtreibungspolitik in Polen ruft regelmäßig Proteste auf den Plan. 
Getty Images

Eine schwangere Frau in Polen ist gestorben, nachdem sie über eine Woche lang einen toten Fötus in ihrem Bauch getragen hatte. Das Krankenhaus, in dem sie behandelt wurde, bestreitet das Fehlverhalten, aber Staatsanwälte haben Ermittlungen eingeleitet. Aktivisten machen Polens fast vollständiges Abtreibungsverbot, das letztes Jahr in Kraft getreten ist, für den Tod verantwortlich. Dieses hat die Hürden für einen Abbruch drastisch erhöht.

Demnach sind Abtreibungen in Polen nur noch in zwei Fällen erlaubt: Wenn die Schwangerschaft das Leben bzw. die Gesundheit der Mutter bedroht oder wenn eine Frau durch Vergewaltigung oder Inzest schwanger geworden ist. Ist das Kind behindert, darf die Schwangerschaft nicht unterbrochen werden. 

Toter Fötus eine Woche im Körper 

Die Nachricht vom Tod der 37-jährigen Agnieszka aus dem polnischen Częstochowa, die bereits drei Kinder hatte, wurde von der Familie in den sozialen Medien bekannt gegeben. Die Frau, die mit Zwillingen schwanger war, wurde mit Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert. Die Familie macht das Krankenhaus für die Tragödie verantwortlich und sagt, Agnieszka sei gezwungen worden, eine Woche lang einen toten Fötus im Leib zu behalten, weil die Ärzte ihn aus Angst, seinem Zwilling zu schaden, nicht entfernen wollten. Der zweite Zwilling starb später ebenfalls und beide Föten wurden zwei Tage später entfernt.

Weil sich der tote Fötus so lange in ihrem Körper befand, erkrankte Agnieszka an einer Blutvergiftung (Sepsis), einer lebensbedrohlichen Reaktion des Körpers auf eine Infektion, an der sie schließlich verstarb. "Wir appellieren an Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für den Tod unserer Frau, Mutter, Schwester und Freundin", schrieb ihre Familie in ihrem Appell. "Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Regierung Blut an den Händen hat."

"Abwartender Ansatz"

Das Krankenhaus, das Agnieszka ursprünglich behandelt hatte, bestätigte die Todesumstände von ihr und ihren Föten. "Nach dem Tod des ersten Kindes (am 23. Dezember 2021) wurde ein abwartender Ansatz verfolgt, da eine Chance bestand, das zweite Kind zu retten", heißt es in einer Erklärung an das polnische Portal "Onet". "Trotz der Bemühungen der Ärzte starb auch der zweite Fötus“, hieß es weiter. „Dann wurde sofort entschieden, die Schwangerschaft abzubrechen … [und] am 31. Dezember wurde es möglich, eine Abtreibung unter Vollnarkose durchzuführen.“

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    In Israel ist ein Mädchen zur Welt gekommen, das einen toten Fötus im Bauch trug. (Symbolbild)
    In Israel ist ein Mädchen zur Welt gekommen, das einen toten Fötus im Bauch trug. (Symbolbild)
    Reuters

    Das Krankenhaus schloss seine Erklärung mit der Feststellung, dass es "alle möglichen und erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um das Leben der Kinder und des Patienten zu retten."

    Die Staatsanwaltschaft der Stadt Częstochowa, hat Ermittlungen zu zwei möglichen Straftaten eingeleitet: Tötung eines Patienten in Lebensgefahr und Totschlag.

    Aktivisten vs. Befürworter

    Aktivisten glauben, dass das Anfang letzten Jahres eingeführte nahezu vollständige Abtreibungsverbot dazu geführt hat, dass Ärzte aus Angst vor Strafverfolgung zögern, Abtreibungen vorzunehmen. In vielen Fällen hätte dies zu Gefahren für die Gesundheit und das Leben schwangerer Frauen geführt.

    Konservative Befürworter der Abtreibungsbeschränkungen entgegnen, dass das Gesetz auch in seiner neuen Verschärfung Abtreibungen ausdrücklich erlaube, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter bedrohe. Sie argumentieren, dass Tragödien wie diese das Ergebnis eines medizinischen Fehlers und nicht des Gesetzes sind.