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Schweizer Turbo machte den Capri zum Geschoss

Der Capri war einst das sportlichste Auto, das Ford Europa zu bieten hatte. Besonders mit dem Turbolader des Schweizers Michael May.

Heute Redaktion
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1969 erschien der Ford Capri auf der Bühne und wurde sofort zum Erfolg. Bereits nach fünf Jahren konnte eine Million produzierte Exemplare gefeiert werden. Die Erfolgsmeldung kam gerade rechtzeitig zum Erscheinen der zweiten Version, die sich zwar nur wenig vom ersten Capri unterschied, als Bonus aber eine Heckklappe und ein modernisiertes Aussehen mitbrachte.

Wie den Vorgänger gab es den Capri II mit Motoren von 1,3 bis 3,0 Liter. Die stärkste Version leistete 138 PS, der RS 2600 mit 150 PS wurde nicht mehr hergestellt. Wer mehr Leistung suchte, für den gab es aber eine Lösung. Und die hieß Michael May.

Turbolader aus der Schweiz

Bereits 1967 hatte der Schweizer Ingenieur Michael May begonnen, mit Turboladern für Benzinmotoren zu experimentieren. Das Konstruktionsprinzip ging auf eine Erfindung eines weiteren Schweizers namens Dr. Büchi zurück. Als idealen Motor für seinen Nachrüstsatz hatte May schon früh die V6-Aggregate von Ford Köln identifiziert. Ihnen konnte er mit seiner Technik eine deutliche Leistungssteigerung entlocken.

Es zeigte sich schnell, dass sein Turbolader mehr Leistung ermöglichte, als in einem Straßenfahrzeug überhaupt zu gebrauchen war. Über 300 PS entwickelten Rennversionen des Motors. So wurde der 2,3-Liter-V6, der unter anderem auch im Capri eingebaut war, für die Straße durch Drehzahlbegrenzung bei 5.800 Umdrehungen auf 180 PS eingebremst. Dies war immer noch mehr als genug für das weitgehend serienmäßig belassene Fahrwerk.

Sanfte Gewalt

Dank der robusten und thermisch gesunden Natur des Ford-V6 konnte May darauf verzichten, die Verdichtung des Vergasermotors zu senken. Somit verhielt sich der Motor bis zum Einsetzen des Turbo-Boosts ähnlich wie das nicht zwangsbeatmete Serienaggregat. Ab etwa gut 3.000 Umdrehungen kam dann die bessere Befüllung der Vergaser zum Tragen, und es setzte zusätzlicher Schub ein, der den Turbo-May vehement davonziehen ließ.

Anfänglich kostete ein May-Turbo-Kit etwa 3.250 Deutsche Mark, vertrieben wurde es von der Stuttgarter Schwabengarage. Später stieg der Preis auf über 4.500 Deutsche Mark. Der Lader-Bausatz passte zum 2,3- und zum 2,6-Liter-V6. Im Preis war der Einbau bei der Schwabengarage inbegriffen. Empfohlen wurde die Verwendung der S-Ausstattung des Capri.

Alltagstauglich

Der abgebildete rote Capri wurde 1977 gekauft, mit Turbolader ausgerüstet und blieb bis heute in Familienbesitz. Die Sitzposition ist sportlich, die Rundumsicht gut. Gestartet wird mit der rechten Hand und am Zündschloss, sofort verfällt der V6-Turbo in einen ruhigen Leerlauf. Im Vergleich zu modernen Sportwagen fühlt sich der Capri sehr komfortabel an, man spürt, dass die Reifen mitfedern. Auch laut wird er nicht, aber der sonore Auspuffklang gefällt.

Die exakte Schaltung lässt schnelle Gangwechsel zu, es geht flott, aber nicht übersportlich voran. Aber Sportlichkeit ist nur eine Charakteristik, Alltagsnutzen und praktische Handhabung eine andere. Und hier kann der Capri mit seiner Heckklappe und der umklappbaren Sitzbank hinten voll punkten, schließlich müssen auch Sportcoupé-Fahrer mal ein Fahrrad oder einen Kinderwagen transportieren.

Weitere Informationen zum Capri II gibt es auf www.zwischengas.com.

(jcg)

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