Österreich

Schwerer Vorwurf wegen Sex im Altersheim

Der Mann soll in einem Penionistenwohnhaus demente Mitbewohnerinnen sexuell belästigt haben. Die Wiener Patientenanwältin fordert Aufklärung.

Heute Redaktion
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Aufregung um einen Sex-Skandal im Pensionistenwohnhaus Rossau in Wien-Alsergrund.
Aufregung um einen Sex-Skandal im Pensionistenwohnhaus Rossau in Wien-Alsergrund.
Bild: KWP

Bekannt wurden die Vorgänge, die sich bereits 2017 ereignet haben sollen, weil Zeugen in einem Arbeitsgerichtsverfahren ausgesagt haben. Bei dem Prozess ging es eigentlich um eine Schmutzzulage für eine Heimhilfe, "Heute" hat berichtet.

Laut den Zeugenaussagen soll ein, obwohl selbst hochbetagt und an Demenz erkrankter, sexuell hochaktiver Mann im Pensionistenwohnhaus Rossau in der Seegasse (Alsergrund) mehrere demente Patientinnen sexuell belästigt haben. Die hochbetagten Damen wurden in derselben Tagfamilien-Gruppe betreut wie der Pensionist. Von Begrabschungen, öffentlicher Selbstbefriedigung bis hin zum vollzogenen Akt ist die Rede.

Gegenüber "Ö1" erzählt die ehemalige Betreuerin Johanna Annerl, dass die Teamleitung des Heimes die Mitarbeiter angewiesen habe, eine Dame, sobald diese zum Sex Ja gesagt habe, in ein Zimmer zu begleiten. Dadurch sollten andere Heimbewohner von den Handlungen abgeschirmt werden. Was dann hinter den geschlossenen Türen geschehen ist, bleibt unklar.

Wurden Patientinnen "zugeführt"?

Laut der ehemaligen Betreuerin sollen zwei Mitarbeiterinnen des Heims dem promiskuitiven Herren Frauen in das Zimmer geführt haben, darunter auch eine Patientin im Rollstuhl. "Eine Dame hat im Vier-Augen-Gespräch gesagt, sie will das nicht. Wenn aber der Mann dabei war, hat sie Ja gesagt", so Annerl zu Ö1. Für sie sei das eine schwierige Situation gewesen, gibt die Diplomsozialbetreuerin zu.

Gegenüber dem ORF weist die Geschäftsführerin der Wiener Pensionistenwohnhäuser Gabriele Graumann die Vorwürfe zurück. "Ich schließe aus, dass eine Mitarbeiterin einem Mann eine Frau zugeführt hat. Diese Anweisung hat es nicht gegeben".

Patientenanwältin fordert umfassende Aufklärung

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz übt schwere Kritik und fordert umfassende Aufklärung. "Hypersexualität ist ein anerkanntes Krankheitsbild bei Demenz. Hier stellt sich die Frage, ob ein kranker übergriffiger Mann ein Nein respektiert?", so Pilz gegenüber "Heute". Hier dürfe man nicht hilflose alte Damen zuführen, sondern müsse Maßnahmen ergreifen, dem Herren zu helfen, so Pilz.

Gegenüber "Heute" betont Pilz, das vor allem geklärt werden müsse, wie es sein kann, dass ein Herr mit Verhalten, das psychiatrischer Behandlung bedürfe, in der gleichen Tagfamilie wie demente Patientinnen betreut werden. Auch ob die Damen nach dem Herrenbesuch auf Anzeichen psychischer oder physischer Gewalt untersucht worden sind, gelte es zu klären. Kritik übte Pilz auch, dass für 16 Senioren nur zwei Betreuerinnen anwesend waren. "Am Nachmittag war es stundenweise auch nur eine".

Wenn es Anzeichen auf eine Straftat gebe, so müsse das Kuratorium der Wiener Pensionistenwohnhäuser von sich aus eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einbringen, so Pilz zu "Heute".

"Wenn eine Betreuerin ein Strafdelikt festgestellt hat, so habe sie das gleich anzeigen müssen", entgegnet Graumann.

Stadtrat erteilt Prüfungsauftrag

Via Brief informierte Pilz den zuständigen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), zugleich auch Präsident des Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser. In dessen Büro bestätigt man, dass der Prüfungsauftrag bereits erteilt wurde.

"Sofort nach Bekanntwerden der Aussagen wurde eine externe Prüfung durch die Kontrollbehörden, also der Heimaufsicht und des Fonds Soziales Wien (FSW) eingeleitet, die derzeit läuft", betont ein Sprecher.

Zur Prävention von sexueller Gewalt in Pflegeeinrichtungen setze die Stadt gemeinsam mit dem FSW und dem Träger eine Reihe von Maßnahmen, auch für den Umgang mit solchen Fällen gebe es klare Vorgaben. Seit vergangenen Sommer gebe es spezielle Handlungsleitlinien für Pflege- und Betreuungseinrichtungen in Wien, mit denen eine gewaltfreie Lebens-, Pflege- und Betreuungssituation in allen Settings geschaffen werden soll, in der sich Kunden, Angehörige sowie Mitarbeiter gleichermaßen sicher fühlen.

Hinsichtlich komplexer Fragestellungen wie Sexualität und sexueller Gewalt beschäftigen sie sich unter anderem mit sexueller Belästigung, unerwünschten Berührungen sowie anzüglichen Worten, Gesten und Handlungen. Das Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser (KWP) betont gegenüber "Heute" das die Mitarbeiter verpflichtende Schulungen und Supervision durchlaufen würden. Für Betreuer von Demenzkranken gebe es zusätzlich weiterführende Schulungen. Zudem würden die Patienten laufend neurologischen Untersuchungen unterzogen, "bei uns wird niemand allein gelassen", heißt es.

Zur Kritik, dass nur ein Mitarbeiter sich um 16 Patienten kümmern müsse, erklärt das KWP: "Nur in seltenen Ausnahmesituationen, etwa bei Krankenständen, kümmert sich ein Mitarbeiter um die Patienten und das nur für wenige Stunden. "Im Regelfall sind natürlich sieben Tage die Woche zumindest zwei Mitarbeiter vor Ort". (lok)