Österreich

Schwester entführt und gewürgt, weil sie ausriss

Heute Redaktion
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Der Druck ihrer tschetschenischen Familie war unerträglich: Eine 22-Jährige durfte keine kurzen Röcke anziehen und keinen Freund haben. Als sie ausbrach, entführten sie ihre Brüder.

Sie wollte die Freiheit, doch ihre Verwandten reagierten brutal: Als sich Lisa K.* nicht mehr an die strengen tschetschenischen Wertvorstellungen – kein österreichischer Freund, keine zu kurzen Röcke – halten wollte, bekam sie von ihren Brüdern Schläge und den Zorn der Mutter zu spüren. Irgendwann reichte es ihr. Sie besorgte sich eine neue Identität und zog nach Salzburg.

Dort wurde sie rasch von der Vergangenheit eingeholt: Ihre Brüder kamen über eine Bekannte bei der Studienbeihilfenbehörde an die neue Adresse – und fuhren los. Beim ersten Mal trafen sie die 22-Jährige nicht an, also ließen sie sich Ende August 2018 ein zweites Mal von einem Freund nach Saalfelden chauffieren und passten die Frau vor ihrer Wohnung ab.

Als sie auf dem Weg zur Fahrschule war, sprangen sie aus dem Auto. Lisa K. klammerte sich in Todesangst so fest an einen Gartenzaun, dass dort später Spuren ihres Nagellacks entdeckt wurden. Es sollte ihr nicht helfen: "Sie schnürten mir die Luft ab, indem sie mich von hinten würgten", so das Opfer. Dann packten die Männer ihre Schwester, stopften sie mit Gewalt in den Wagen und pressten sie hinter die Vordersitze. In Wien schlossen sie Lisa daheim ein. Nach neuneinhalb Stunden beendete die Wega das Martyrium der Frau, befreite sie und verhaftete die Brüder.

Vor Gericht entsprachen die Männer – einer studiert BWL, der andere macht Matura – so gar keinem Klischee. Sie kamen in feinstem Zwirn, entschuldigten sich – gut gecoacht von Anwalt Nikolaus Rast – mit gewählten Worten. "Es tut mir leid. Ich hätte nie gedacht, dass ich zu so etwas fähig sein könnte", flüsterte Ali B. (23). Warum man so etwas macht? "Weil man seine Schwester zurückhaben will. Das macht es nicht besser, ich weiß. Ich bin zu emotional geworden", sagte Alibek B. (19). Das Urteil (zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt) fiel mild aus – nicht rechtskräftig.

*Name geändert