Politik

Kurz zu "Heute": "Sehe keinen Grund für Rücktritt"

Am Mittwoch wurde publik, dass gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen des Vorwurfs der Falschaussage ermittelt wird. In "Heute" spricht er darüber.

Clemens Oistric
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Bundeskanzler Sebastian Kurz gab <em>"Heute"</em> das erste Interview zu den schweren Vorwürfen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz gab "Heute" das erste Interview zu den schweren Vorwürfen.
Heute

Vor dem Ministerrat ließ Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch höchstselbst die Bombe platzen: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt den Regierungschef als Beschuldigten. Der Vorwurf: Er soll vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss drei Mal falsch ausgesagt haben. Es geht um die Bestellung von Thomas Schmid als Chef der Staatsholding ÖBAG. Er habe nie mit Schmid über dessen ÖBAG-Bewerbung gesprochen, sagte Kurz aus. Chats des Kanzlers sollen nun laut Neos-Anzeige das Gegenteil belegen.

"Definitiv nicht bewusst gelogen"

Gegenüber "Heute" (das komplette Interview siehe Video unten) nimmt der Kanzler nun erstmals zu den massiven Anschuldigungen Stellung. Ob er am 24. Juni 2020 bewusst gelogen habe? "Nein, definitiv nicht. Ich habe immer versucht, die Wahrheit zu sagen und alle meine Erinnerungen mit dem Untersuchungsausschuss zu teilen. Ich muss dazusagen, dass die Themen, die hier behandelt werden, teilweise Jahre zurückliegen und nie Hauptthemen meiner Arbeit waren."

Kurz: "Das ist nicht die beste politische Kultur, die hier entstanden ist."

Wie schon bei einem Doorstep am Vormittag am Kanzleramt, bekrittelt der VP-Chef auch gegenüber "Heute" die Atmosphäre im U-Ausschuss. Hier würde mit "Suggestivfragen und Unterstellungen" operiert werden. Kurz: "Es wird einem jedes Wort im Mund umgedreht und mit Anzeigen nachgearbeitet. Das ist aus meiner Sicht nicht die beste politische Kultur, die hier entstanden ist."

"Rechne mit einer Anklage"

Von den Ermittlern zur Sache einvernommen sei er noch nicht worden: "Ich bin gerade erst informiert worden, dass mich die Neos und die Sozialdemokratie angezeigt haben, das hat zu einem Ermittlungsverfahren der WKStA geführt und dieses Verfahren läuft jetzt. Ich hoffe, dass ich spätestens vor dem Richter die Möglichkeit habe, meine Sicht der Dinge darzulegen."

Auffallend: Kurz spricht schon von einer Aussage vor dem Richter. Bedeutet das, dass der Kanzler fix mit einer Anklage rechnet? "Nachdem es sich hier nicht um einen Korruptionsvorwurf handelt, sondern um den Vorwurf einer falschen Aussage im U-Ausschuss, ist das – technisch gesehen – eine Einzelrichtersache und bedeutet, dass die WKStA jederzeit die Möglichkeit hat, einen Strafantrag zu stellen. Das entspricht einer Anklage."

Kurz weiter: "Ich rechne damit und bin dann selbstverständlich bereit, dem Richter meine Sicht der Dinge darzulegen."

Sebastian Kurz im Gespräch mit <em>Heute.at</em>-Chefredakteur Clemens Oistric
Sebastian Kurz im Gespräch mit Heute.at-Chefredakteur Clemens Oistric
Alex Diry

Auf die Frage, ob er ein reines Gewissen habe, antwortete der 34-Jährige: "Ich weiß, dass es im U-Ausschuss Wahrheitspflicht gibt. Daher ist für mich immer sonnenklar gewesen, dort die Wahrheit zu sagen. Alles andere wäre für mich undenkbar", beschwört der Kanzler.

Ob er mit einer Verurteilung rechnet? Kurz: "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen."

Dies hätte auch eine historische Dimension, schließlich wurde noch nie ein amtierender Regierungschef in Österreich verurteilt. An einen Polit-Rückzug denkt der Kanzler jedoch nicht, wie er gegenüber "Heute" klarstellt: "Ich sehe keinen Grund für einen Rücktritt. Es gibt noch viel zu tun. Ich bin von den Wählerinnen und Wählern gewählt und werde meiner Arbeit unbeirrt nachkommen." Er gesteht aber ein, dass die ganze Sache für ihn "nicht angenehm" sei. Kurz: "Ich bin Gegenwind gewöhnt, aber immer wieder angezeigt zu werden – das macht einem die Aufgabe nicht unbedingt leichter."

Die türkis-grüne Koalition sei jedoch laut Kurz (er ist neben Gernot Blümel nun das zweite Regierungsmitglied, gegen das ermittelt wird) nicht belastet: "Bisher haben sich alle Vorwürfe immer als falsch herausgestellt."

Für Sebastian Kurz und seinen ebenfalls als Beschuldigten geführten Kabinettschef gilt die Unschuldsvermutung.