Es war eine ordentliche Karriere, die Helene Herzog (65) aus Gratkorn (Steiermark) hinlegte: Sie lernte Damenkleidermacherin, war Geschäftsführerin eines Orthopädiegeschäfts, Chefin einer Damenbekleidungsfirma und zum Schluss im Verkauf eines Bekleidungsunternehmens für Damen tätig.
Doch dann ging es nicht mehr. Die Schmerzen nach einem Bandscheibenvorfall waren zu groß. "Leider verbesserten sich die Schmerzen nach der ersten Operation nicht. Besonders bei längeren Gehstrecken ließ die Beinkraft zunehmend nach", sagt ihr Mann Reinhold Herzog zu "Heute".
Unzählige Untersuchungen wurden durchgeführt, Computertomografien (CT), Magnetresonanztomografien (MRT), "schließlich kamen die Ärzte zu dem Schluss, dass beide Hüften samt Pfannen ausgetauscht werden mussten." Auf die nötigen Operationen folgte ein längerer Krankenstand im Jahr 2012.
Die Kündigung flatterte bald danach ins Haus: "Die Arbeit wäre unmöglich gewesen – wegen der zunehmenden Schmerzen." Frau Herzog konnte nicht länger als eine Stunde stehen, "im Verkauf steht man den ganzen Tag, auch Regale reinigen – das alles war nicht mehr acht Stunden pro Tag möglich."
Nichts half, Therapien und Behandlungen zeigten keine Wirkung. Wieder wurde operiert: "Insgesamt unterzog sich meine Frau sechs Bandscheiben-Operationen."
Herzog wusste nicht weiter, sie suchte Ende Juli 2012 um eine Berufsunfähigkeitsspension an. Es dauerte mehr als vier Monate, dann kam das Urteil der Pensionsversicherung Österreich (PV): "Abgelehnt".
"Heute" fragte bei der PV nach: "Frau Herzog wurden darauffolgend mehrfach Heilverfahren (Kur sowie Rehabilitation) bewilligt. Ziel der medizinischen Heilverfahren ist, die berufliche und gesellschaftliche Teilhabe zu unterstützen und einen Pflegebedarf zu minimieren bzw. zu verhindern."
Arbeiten konnte Frau Herzog dennoch nicht – der Körper spielte nicht mit. Insgesamt dreimal beantragte Herzog die Berufsunfähigkeitsspension. Jedes Mal endete es mit einer Ablehnung. Ehemann Reinhold Herzog kritisiert: "Die Sachverständigen waren nicht vorbereitet. Sie hatten es nicht der Mühe wert gefunden, vorab die Krankengeschichte durchzulesen." Der Attest besagte, dass Frau Herzog zu 70 Prozent invalid sei, aber dennoch 20 Stunden pro Woche arbeiten könne, so wird es "Heute" erzählt.
Herzog meldete sich beim AMS, "das war eine große seelische Anspannung." Finanzielle Unterstützung gab es laut Ehemann Reinhold Herzog keine: "Arbeitslosengeld bekam sie nicht, weil ich zu viel verdiente!" Es war ein großes Problem: "Wir haben ein Haus gebaut, ich hatte Schulden, das Gehalt meiner Frau hat wirklich gefehlt."
Es hat viele Jahre gedauert, aber nach der dritten Absage für eine Invalidenpension fragte das Ehepaar bei der Arbeiterkammer (AK) an. Die Experten dort haben laut Herzog das Krankheitsbild analysiert und entschieden, "wir klagen!"
Wieder mussten Sachverständige die Frau untersuchen. Zwei von drei lehnten erneut ab, so schildern es die Betroffenen. "Der Orthopäde allerdings verstand das Urteil nicht, er sagte, es ist unmöglich, meiner Frau Arbeit zuzumuten", beschreibt Herzog.
So beschreibt die PV die weiteren Vorgänge, nachdem die Invaliditätspension wieder abgelehnt wurde: "Nach Ablehnung wurde durch die AK Steiermark Klage gegen diesen Bescheid eingebracht und im Zuge der mündlichen Verhandlung vor Gericht am 14.2.2018 ein Vergleich geschlossen. Frau Herzog erhält seit 01.10.2017 wegen dauernder Berufsunfähigkeit eine Berufsunfähigkeitspension. Seit 01.03.2022 erhält sie zusätzlich Pflegegeld in der Höhe der Stufe 4."
Nach vielen Jahren des Kampfes bekam Frau Herzog, was sie von Anfang an für angemessen hielt. Dennoch, das Leid ist geblieben: "Meine Frau hat noch immer Schmerzen, kann noch nicht gehen!"