Österreich

Selbstbehalt – Taxler verweigert Job, AMS streicht Geld

Das AMS strich einem Wiener Taxifahrer die Notstandshilfe, weil er sich "arbeitsunwillig" zeigte. Der Mann ging gerichtlich dagegen vor.

Christine Ziechert
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Dem Taxifahrer wurde vom AMS die Notstandshilfe gestrichen. (Symbolbild)
Dem Taxifahrer wurde vom AMS die Notstandshilfe gestrichen. (Symbolbild)
Getty Images/iStockphoto

Immer wieder klagen Arbeitssuchende über Probleme mit dem Arbeitsmarktservice (AMS). Wie berichtet, wurde etwa dem Niederösterreicher Stefan E. nach einem Probetag das AMS-Geld gestrichen. Auch einem Taxifahrer erging es ähnlich. Der Wiener erhielt ein Job-Angebot vom AMS, dass er angeblich ablehnte. Daraufhin verlor der Mann die Notstandshilfe, er klagte dagegen, der Verwaltungsgerichtshof gab ihm nun Recht

Der Mann, ein erfahrener Taxifahrer, erhielt von seinem zuständigen AMS-Betreuer in Wien-Leopoldstadt (ehemalige Geschäftsstelle in der Dresdner Straße) am 6. August 2019 ein Stellenangebot. Zwei Tage später meldete sich der Geschäftsführer des Taxi-Unternehmens telefonisch. Im Zuge des Vorstellungsgespräches sprach der Dienstgeber an, dass von den bei ihm beschäftigten Taxifahrern im Fall der Beschädigung eines Pkw durch einen verschuldeten Unfall ein "Selbstbehalt" zu tragen sei.

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    Pixabay/Heute

    Wiener sollte "Selbstbehalt" bei Pkw-Schaden zahlen

    Als der Wiener meinte, dass es einen solchen "Selbstbehalt" in dem Unternehmen, in dem er damals geringfügig beschäftigt war, nicht gibt, beendete der Taxi-Unternehmer das Gespräch. Das AMS warf dem Mann daraufhin vor, anstatt die Stelle anzutreten, lieber weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und Arbeitslosengeld beziehen zu wollen. Er habe sich arbeitsunwillig gezeigt, sodass der Tatbestand der Vereitelung erfüllt sei. Bis 18. September wurde dem Wiener daher die Notstandshilfe gestrichen, eine Beschwerde des Mannes als unbegründet abgewiesen.

    Der Taxifahrer ging daraufhin gerichtlich gegen das AMS vor und brachte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde ein. Die Begründung: Es treffe nicht zu, dass er das Zustandekommen der Beschäftigung durch gezeigtes Desinteresse vereitelt hätte. Zudem stehe in rechtlicher Hinsicht die Vereinbarung eines "pauschalen Selbstbehalts" im Widerspruch zum Dienstnehmer-Haftpflichtgesetz sowie zum Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw.

    Verwaltungsgerichtshof gab Taxifahrer recht

    Doch das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde als unbegründet ab, eine Revision sei nicht zulässig. Der Mann habe "allein schon durch den Verweis auf sein geringfügiges Dienstverhältnis, bei welchem er keinen Selbstbehalt zahlen müsse, beim Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber eine Vereitelungshandlung gesetzt". Er habe sich nicht arbeitswillig gezeigt, indem er "die angebotene Beschäftigung aufgrund des Selbstbehaltes" abgelehnt habe, so die Begründung.

    Doch der Verwaltungsgerichtshof sah dies anders: In einer außerordentlichen Revision stellte dieser fest, dass dem Mann  keine eindeutigen, konkreten Fehlstellungen beim Vorstellungsgespräch vorgeworfen werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hätte konkrete Feststellungen dazu treffen müssen, welche vertraglichen Bedingungen dem Taxifahrer für ein künftiges Arbeitsverhältnis in Aussicht gestellt wurden. Auf dieser Grundlage wäre zu beurteilen gewesen, ob diese Vertragsbestimmungen mit gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen im Widerspruch gestanden wären.

    Bund muss ihm 1.346,40 Euro zahlen

    Weiters setzt eine zumutbare Beschäftigung voraus, dass der Dienstgeber für die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitslosen nicht die Annahme vertraglicher Bedingungen verlangt, die in wesentlichen Punkten zwingenden Rechtsnormen widersprechen. Die Revision wurde daher für zulässig erklärt, die vorherige Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben. Der für das AMS zuständige Bund muss ihm nun Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro ersetzen.