Politik

Sexismus-Kritik an ORF nach Bierlein-Porträt

Der Satz, Brigitte Bierlein habe ihr Leben dem Beruf gewidmet, stößt einer Journalistin sauer auf. Zurecht?

Heute Redaktion
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In Österreich wird erstmals eine Frau Bundeskanzlerin - "der Bann ist gebrochen", jubelte Feministin Lena Jäger im "Heute.at"-Interview.

Die neue Kanzlerin ist noch nicht einmal angelobt – und schon muss sich der ORF den Vorwurf gefallen lassen, sexistisch über die erste Frau an der Regierungsspitze berichtet zu haben. Stein des Anstoßes: Mehrfach sei in einem Porträt der Satz "Bierlein widmet ihr Leben ihrem Beruf" gefallen sein, schreibt die "Presse".

"Wie bitte? Wir verstehen: Frau Bierlein ist offenbar nicht verheiratet und hat auch keine Kinder", kritisiert eine Journalistin in der Rubrik "TV-Notiz". Den Zusehern werde so "ein Gefühl für den mutmaßlich überbordenden Ehrgeiz der Brigitte Bierlein" vermittelt.

Würde man so über einen Mann berichten?

Wann, fragt die Redakteurin, wurde jemals über so einen Mann berichtet, der keine Kinder hat und Karriere macht? Und gibt die Antwort gleich selber: "Niemals würde es einem Journalisten einfallen, über die Schwerpunktsetzung im Leben des betroffenen Mannes zu philosophieren. "

ORF-Aushängeschild Armin Wolf nimmt den Ball auf Twitter auf ("Guter Punkt") – und spielt ihn gleich zurück. "Kurze Frage noch: Werden die Outfits der Herren Jabloner & Schallenberg auch noch einer ausführlichen Stilkritik mit Bezug auf frühere Outfits und historische Referenzen unterzogen?", will er wissen.

"In einer weißen Bluse mit Volantkragen"

Damit spielt Wolf auf eine "Stilkritik" an, die das "Schaufenster" – die Lifestyle-Beilage der Presse –, gestern nach dem Auftritt Bierleins online veröffentlicht hat. "Die erste Bundeskanzlerin der Republik stellt sich in einer weißen Bluse mit Volantkragen der Öffentlichkeit: Wie dieser Auftritt sich modisch deuten lässt", wird der Text angeteasert.

Der betreffende Redakteur sah den Sexismus-Vorwurf aber offenbar bereits kommen: "Es liegt in der Natur der Sache, eines ungleich größeren Formenreichtums der Damenmode verglichen mit jener für Herren, dass das Interesse für die Kleiderwahl von Politikerinnen zwangsläufig größer ausfällt als jenes, mit dem Männer in vergleichbaren Funktionen beäugt werden", schreibt er im Text einleitend.

Und verweist darauf, dass auch männliche Amtsträger vereinzelt mit ihrer Kleiderwahl auffielen – so etwa Ex-Minister Gernot Blümel, dessen türkise Socken unlängst für Gesprächsstoff gesorgt hatten.

(red)