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Shadow of the Colossus Remake im Test: Episch

Der Gaming-Klassiker Shadow of the Colossus erlebt in der Remake-Version eine Wiedergeburt. Eine extrem eindrucksvolle.

Heute Redaktion
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Shadow of the Colossus war bereits kurz nach seinem Erscheinen auf der PlayStation 2 im Jahr 2006 ein Spiele-Klassiker. Die Geschichte um einen einsamen jungen Mann namens Wander, der ein geopfertes Mädchen wiederbeleben will und dazu vermeintlich 16 gigantische Kolosse töten muss, begeisterte. Gamedesign, Grafik und Charaktergestaltung wurden in höchsten Tönen gelobt.

Shadow of the Colossus war gleichzeitig auch eines der ersten Beispiele dafür, dass Videospiele auch Kunst sein können. Ein Triumph, der dem Entwickler-Team ICO auch 2016 mit The Last Guardian gelang. 2018 findet nun das Colossus-Remake, immerhin eines der besten Spiele aller Zeiten, den Weg auf die PlayStation 4. Nicht als billig überarbeitetes Remaster, sondern als aufwendig und von Grund auf neu gestaltetes Remake.

Es ist die dritte Veröffentlichung des Titels, nach der PS2-Version gab es auch einen (ebenso gefeierten) HD-Remaster für die PS3. In der PS4-Version kommen allerdings auch einige Neuerungen abseits der Grafik hinzu. Aber der Reihe nach. Besonders beeindruckend ist das Remake auf einer PS4 Pro, wo man die Wahl zwischen einer maximalen Grafikdarstellung oder einer flüssigen Framerate hat. Extrem gut sieht beides aus.

Neuer Kamera-Modus

Auch auf einer Standard-PS4 sieht das Game einfach atemberaubend aus. Den Entwicklern gilt höchstes Lob, dass die Original-Grafik nicht einfach hochskaliert, sondern neu entwicklet wurde. So kann der Titel optisch auch mit aktuellen PS4-Games mithalten. Wer das originale Shadow of the Colossus gespielt hat, wird sich möglicherweise an frustrierende Kamerafahrten erinnern. Die kommen nun nur mehr in Einzelfällen vor, großteils klappt die Kameraausrichtung vorzüglich.

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Eine der größten Neuerungen in Shadow of the Colossus ist der Fotomodus. Wie in Horizon Zero Dawn oder anderen neuer PlayStation-Games kann man das Spiel nun pausieren, die Kamera um 360 Grad schwenken, die Szene knipsen und mit allen möglichen künstlerischen Filtern und Effekten belegen. Das passt perfekt zu einem Game, das sowieso einen extrem hohen künstlerischen Anspruch hat.

Profitiert vom Original

Das Gameplay selbst hat es nicht schwer, wieder vom Fleck weg zu begeistern. Schließlich ist es eins zu eins dem Original entnommen und weiß auch heute noch seine Stärken auszuspielen. Shadow of the Colossus war und ist auch in dieser Version eine Perle des Storytellings und verlässt sich wieder auf ein minimalistisches Gameplay, das für maximale Emotionen sorgt.

Zwar werden neue Colossus-Spieler beim Storybeginn – Held zieht aus, um Frau zu retten und stellt sich Giganten in den Weg – kaum eine Braue heben, Colossus-Kenner wissen aber, dass es schnell tiefgründig wird.

Spätestens dann, wenn der erste Koloss durch die Hand des Spielers fällt, kommen Zweifel und schockierende Bilder auf. Und plötzlich fragt man sich: Warum eigentlich schlachten wir Koloss für Koloss, manche davon absolut friedlich? Je mehr der majestätischen Wesen man erlegt, desto erschütternder wird die Erfahrung.

Wenig unterstützend für unser Tun ist auch, dass unsere Spielfigur nach jedem Todeskampf die "Essenz" der Kolosse absorbiert und immer mehr wie der Bösewicht des Spiels statt der Held wirkt. Die langen Videosequenzen und das generell gemächliche Tempo abseits der Kämpfe tut ihr übriges, außer den Kolossen gibt es keine zu bekämpfenden "Feinde" im Spiel. Trotzdem ist man immer wieder versucht, kurz innezuhalten und die leere, aber schön umgesetzte Welt zu betrachten.

Mit eigenem Willen

Selbst wer nicht die merkwürdige Bindung mit den gigantischen Kolossen fühlt, wird sich immerhin dem treuen Begleiter Agro, dem Pferd des Protagonisten, verbunden fühlen. Hier schaffen die Entwickler ein ähnliches, wenngleich nicht ganz so tiefgehendes Phänomen: Agro scheint über einen eigenen Willen zu Verfügen und macht nicht immer das, was der Spieler gerade möchte. Auch in The Last Guardian hat man gezeigt, dass das kein Programmierfehler ist und der Wächter Trico ein eigenständiger Charakter mit eigenem Willen ist. Mit Agro ist eine Spur davon auch in Shadow of the Colossus zu fühlen.

In punkto Bewegung, besser Steuerung, ist Shadow of the Colossus aber nicht über jeden Zweifel erhaben. Sie ist weiter etwas hakelig, was sich vor allem bemerkbar macht, wenn man der Gegenwehr der Kolosse ausweichen will und sie zu erklimmen versucht. Schwer im Spiele-Sinn ist Shadow of the Colossus nicht, aber anspruchsvoll.

Geduld und Timing werden verlangt, wenn die Schwachpunkte der Wesen entdeckt werden sollen und der Spieler an den Gestalten über Fell, Flügel oder andere Körperteile hochklettert. Die Kämpfe wirken noch immer gewaltig, vom ersten Herantasten bis zum Todesstoß spürt man die epischen Begegnungen förmlich. Dass der Soundtrack dazu einer der besten der Videospielwelt ist, ist mehr als nur eine Randnotiz.

Noch immer episch

Shadow of the Colossus ist noch immer episch und überwältigend. Die Angst, dass die schönere Inszenierung den Kernelementen des Spiels – Andeutungen, Symbolik, Emotionen – die Show stehlen könnte, ist zum Glück ungerechtfertigt. Noch immer kommen die beißenden Fragen und eine tiefe Traurigkeit auf, wenn man in den Kolossen plötzlich einzigartige Kreaturen sieht, die man dahinmeuchelt.

Schön ist, dass nun auch eine neue Generation von Spielern die Möglichkeit hat, dieses monumentale Werk mit neuester Technik zu erleben. Noch schöner ist da nur eines: dass Sony in einer Welt, wo alles schneller und billiger entwickelt sowie bombastischer und geldbringender vermarktet werden soll, noch immer Spielen Zeit, Geld und Platz einräumt, die mehr Kunstwerke als Games sind. Und große Kunst ist Shadow of the Colossus allemal. In der Originalfassung und im Remake.

Shadow of the Colossus: Das restaurierte Meisterwerk. (Video: Zoomin.tv)