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Shenmue I & II wollen dem Zahn der Zeit trotzen

2000 am Dreamcast erschienen, war Shenmue damals die teuerste Videospielproduktion überhaupt. Teil 1 und 2 gibt es nun neu aufgelegt.

Heute Redaktion
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Shenmue, im Jahr 2000 von Sega auf den Markt gebracht, wurde mit einem Budget von 47 Millionen US-Dollar entwickelt – ein Vermögen für die Videospiel-Verhältnisse vor 18 Jahren. Dafür setzte es Meilensteine, die noch heute und vermutlich noch viele Jahre mehr von Entwicklern weltweit kopiert werden. Story, Grafik, Musik und spielerische Freiheit brachen 2000 jede Vorstellung.

Obwohl von Kritikern hochgejubelt und von Spielern geliebt: die Verkäufe blieben unter den Erwartungen zurück. So war es bitter für Fans, dass nach dem einen Jahr später veröffentlichten und ebenso gepriesenen Shenmue II ein angedachter dritter Teil nicht mehr zustande kam. Doch die Spieler bleiben hartnäckig, schrieben massenhaft an Sega: "Rettet Shenmue!". Groß war die Angst, dass ein so wertvolles Stück Videospielgeschichte in Vergessenheit gerät.

Für Teil III wurde schließlich 2015 eine Kickstarter-Kampagne eingerichtet, die bereits nach neun Stunden den Zielbetrag von zwei Millionen US-Dollar erreicht hatte. Im August 2019 soll Shenmue III für PlayStation 4, Xbox One und PC auf den Markt kommen. Neue Aufmerksamkeit bekommen nun aber auch die ersten beiden Teile: Sega hat Shenmue I & II als Sammlung für die neue Konsolengeneration und den PC veröffentlicht. 18 Jahre nach Teil 1, wie gut ist der Klassiker gealtert?

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Actionspiel, Adventure, "Lebenssimulator"

Shenmue, ein Mix aus Actionspiel, Adventure und "Lebenssimulator", setzt im Jahr 1986 an. Vergleichbar ist das Spielerlebnis mit jenem der Yakuza-Games. Ryo Hazuki kehrt nach Hause zurück und erlebt hautnah die Ermordung seines Vaters, des Kampfkünstlers Iwao Hazuki, mit. Ryo will Rache üben und macht sich auf die Suche nach dem rätselhaften Mörder Lan Di. Die Spurensuche zieht sich im zweiten Teil weiter, der äußerst abrupt endete. Mit ein Grund, warum Shenmue Kultstatus genießt, aber noch mehr einer für einen dritten Spieleteil.

Shenmue bot als einer der ersten Titel eine offene Spielewelt mit Dutzenden Nebenher-Ablenkungen und ansprechbaren Figuren, die für Abwechslung sorgten. Mit heutigen Titeln verglichen wird man müde lächeln, denn die aktuelle Gamebranche bietet weit größere und ausführlichere Welten. Doch dem Spiel gebührt Respekt, denn ganz, ganz viele Entwickler haben sich die Mechaniken und Techniken bei Shenmue abgeschaut.

Der Zahn der Zeit

Was früher bahnbrechend war, ist es heute leider nicht mehr. Auch nicht mit der Shenmue I & II Collection samt HD-Auflösung, Kantenglättung, Breitbildformat und freier Speichermöglichkeit. Doch der Zahn der Zeit hat nicht in dem Ausmaß am Titel genagt, wie man befürchtet haben könnte. Klar, die Grafiken sind grob und die Animationen etwas hölzern, doch die Spielwelt wimmelt nach wie vor, überall gibt es liebevoll gestaltete Ablenkungen zu entdecken und alles wirkt, als ob man sich in einer lebendigen Umgebung befindet.

Das langsam sich entwickelnde Abenteuer hat auch heute noch einen unbestreitbaren Charme. Während man mit der Hauptfigur nach Spuren zum Mörder sucht, steht man irgendwann vor der Aufgabe, Geld für eine Schiffsreise zusammenzukratzen. Das kann man sich mit ehrlicher Arbeit in der Stadt, aber auch mit dubiosen Geschäften oder Glücksspiel verdienen – oder verlieren.

Shenmue zieht den Spieler ins Game

Shenmue treibt den Spieler nicht schnell zu einem Ziel hin, sondern lässt ihn Teil des Stadtlebens werden. Hier arbeitet man hart, dort wird man in eine Prügelei verwickelt, und anderswo spannt man am Spielautomaten bei einem Minigame aus. Schnell genießt man die Atmosphäre und versucht, immer mehr zu entdecken, statt stur und schnell auf ein Ende hinzuarbeiten. Diese Klasse überzeugt auch in der neuen Fassung und erinnert schnell daran, warum der Titel damals wie heute grandios war und ist.

Nicht in allen Belangen ist die neue Shenmue Collection eine Verbesserung. Vor allem die Stimmen klingen teils seltsam blechern, mitunter setzt auch schon mal die Musik mitten im Stück aus und manchmal bleibt die Kamera hängen, während die Handlung außerhalb des Bildes weitergeht. Die Steuerung funktioniert dagegen am Punkt, die Grafik hat die Zeit überdauert und an Handlung und Gameplay, beides Meilensteine der Game-Geschichte, beißen sich noch viele aktuelle Spiele die Zähne aus. Gerade jüngeren Spielern sei die neue Collection empfohlen, sie zeigt einen faszinierenden Einblick in ein Spiel, das die heutigen Open-World-Titel wie kaum ein anderes prägte.