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Shitstorm wegen "Neger"-Debatte ohne Betroffene

Der MDR Sachsen will über politische Korrektheit und Rassismus diskutieren lassen. Das Problem: Die Teilnehmer sind alle hellhäutig.

Heute Redaktion
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Der Stein des Anstoßes.
Der Stein des Anstoßes.
Bild: Screenshot Twitter

"Darf man heute noch 'Neger' sagen? Warum ist politische Korrektheit zur Kampfzone geworden?" Mit diesen provokanten Fragen bewirbt der öffentlich-rechtliche MDR Sachsen eine Diskussionssendung, die am Dienstag um 20 Uhr ausgestrahlt hätte werden sollen Twitter.

Eingeladen waren Fernsehmoderator Peter Hahne, Ex-AfD-Frau Frauke Petry, Politikwissenschaftler Robert Feustel und Linke-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz. Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie sind hellhäutig und wurden somit wohl noch nicht mit jenem Wort beschimpft, das der MDR als Beispiel für die Diskussion über politische Korrektheit aufgegriffen hat.

"Löscht euch"

Schnell entbrannte ein Shitstorm, bei dem User den MDR scharf attackierten. "Löscht diesen Tweet! Am besten die ganze Veranstaltung. Wer so unsensibel ist, sollte besser die Finger von solchen Themen lassen", schrieb eine Frau. "Habt ihr keine von Rassismus betroffene Person für die Runde gefunden oder wart ihr nur zu faul zum Suchen? Meine Fresse, löscht euch", lautet eine andere Wortmeldung.

"Rufen Sie doch an"

Die Reaktionen des Social-Media-Teams des MDR verbesserten die Situation nicht – ganz im Gegenteil. Statt auf die Kritik einzugehen, wurde eine Auswahl an immer gleichen und ausweichenden Antworten unter die Aussagen der Kritiker gepostet.

Am Ende war den Verantwortlichen die Kritik wohl genug. "Wir entschuldigen uns für die rhetorisch gemeinte Einstiegsfrage unseres Tweets. Wir haben mit der Überspitzung die Gefühle vieler verletzt. Die Sendung 'Dienstags direkt' thematisiert moralische Normen und Tabus in der Sprache und deren Verletzung", postete der MDR unter den Tweet.

Kerstin Köditz und Robert Feustel haben ihre Teilnahme mittlerweile abgesagt. Man sei zu einer Diskussion über politische Korrektheit eingeladen worden, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme auf Twitter. Und: "Das Thema wurde bei einer kurzfristigen Sendungsankündigung mittlerweile in eine Richtung (weiter-)gedreht, die vollends indiskutabel ist. Auf das Konzept der Sendung, den Tenor der Ankündigung und weitere Gäste hatten wir freilich keinen Einfluss."

Schließlich zog der MDR die Notbremse. Laut Sandro Viroli, Direktor des Landesfunkhauses Sachsen, sei die Diskussion nach den Absagen nicht mehr ausgewogen gewesen.

Das Digital-Telegramm 2018:

(lu)

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