Angesichts der politischen Krise richten sich am Montagvormittag alle Blicke in die Hofburg. In einer Ansprache am Sonntag kündigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein Treffen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl an. Um 11 Uhr will das Staatsoberhaupt mit dem freiheitlichen Parteiobmann über das weitere Vorgehen einer Regierungsbildung sprechen.
Nach dem Rückzieher der Neos aus den Verhandlungen über eine Austro-Ampel und den gescheiterten Gesprächen zwischen ÖVP und SPÖ steht das Staatsoberhaupt unter Zugzwang. Nach der Nationalratswahl hatte er nicht den Wahlsieger Herbert Kickl, sondern ÖVP-Chef Karl Nehammer mit der Regierungsbildung beauftragt. Aufgrund der geplatzten Verhandlungen verkündete der Kanzler jedoch seinen Rückzug.
Nachfolger Christian Stocker, der nun übergangsweise die Geschicke der Volkspartei leiten soll, überraschte in einer ersten Stellungnahme mit einer Kehrtwende. Während man zunächst eine Regierungsbildung mit den Freiheitlichen unter Kickl kategorisch ausschloss, könnte man dem FPÖ-Chef jetzt den Weg ins Kanzleramt ebnen. "Sollten wir zu den Gesprächen eingeladen werden, nehmen wir diese Einladung an", so das ÖVP-Urgestein.
Der Schritt des designierten ÖVP-Parteichefs kommt trotz des Zusammenbruchs der Austro-Ampel überraschend. In den vergangenen Monaten etablierte sich Stocker als Anti-Kickl-Hardliner – "Heute" berichtete.
Weiterhin unklar ist, ob Van der Bellen Kickl tatsächlich die Bildung einer neuen Regierung anvertraut. Wohl auch aufgrund der jüngsten Kehrtwende innerhalb der ÖVP stehen jedoch alle Zeichen auf eine blau-schwarze Koalition.