Politik

Sicherheitsdoktrin ist "Husch-Pfusch"-Aktion

Heute Redaktion
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Bild: Parlamentsdirektion

Die neue österreichische Sicherheitsstrategie ist seit mehr als zwei Jahren in der Pipeline. Die Regierungsparteien wollen sie nun bis zum Sommer beschließen und hoffen dabei auf die Zustimmung möglichst vieler Oppositionsparteien. Diese sind allerdings noch eher skeptisch.

Vor allem Grüne und BZÖ haben gröbere Bedenken gegen das von SPÖ und ÖVP vorgelegte Papier. Die FPÖ zeigte sich vor der Sitzung des Unterausschusses des Verteidigungsausschusses am Mittwoch etwas optimistischer.

"Husch-Pfusch-Aktion"

Herbert Scheibner vom BZÖ und Peter Pilz von den Grünen kritisierten am Dienstag das parlamentarische Verfahren zu diesem Thema. Die Regierungsparteien hätten zunächst jahrelang geschlafen und wollten jetzt kurz vor der Wahl die Sicherheitsdoktrin in einer Husch-Pfusch-Aktion beschließen. Scheibner wünscht sich u.a. ein Expertenhearing. Er stößt sich außerdem daran, dass nicht zuerst die Sicherheitsstrategie erarbeitet und daraus Schlussfolgerungen für das Bundesheer gezogen wurden, sondern "umgekehrt". Das rot-schwarze Papier sei "zu sehr auf die Wehrpflicht abgestimmt".

"Rückfall"

Pilz sprach gar von einem "schlampig erarbeiteten Papier", das bisher nicht seriös parlamentarisch bearbeitet worden sei. Er sieht darin einen "Rückfall hinter die Bundesheer-Reform 2010" und spricht sich ebenfalls für ein "ordentliches parlamentarisches Verfahren" aus. Dafür gebe es noch genug Zeit. Im September gebe es schließlich auch Plenarsitzungen. Pilz wünschte sich - in Anspielung auf die von der SPÖ gestartete Wehrpflicht-Debatte -, dass "in dieser Legislaturperiode wenigstens einmal etwas ordentlich gemacht wird in der Sicherheitspolitik".

Kritik an Größe der Auslandskontingente

Deutlich positiver äußerte sich Mario Kunasek von der FPÖ. Der neue Vorsitzende des Landesverteidigungsausschusses sah das Papier "kritisch positiv". Es müssten aber noch ein paar Detailfragen geklärt werden, etwa im Bereich der Querschnittsmaterien zwischen Verteidigung, Inneres und Äußeres. Die FPÖ wünscht sich daher, dass die Sicherheitsstrategie auch im Innen-und Außenausschuss diskutiert wird und sieht ebenfalls keinen Grund, das Papier jetzt "durchzupeitschen". Die Freiheitlichen stoßen sich u.a. daran, dass die Größe der Auslandskontingente in der Sicherheitsstrategie mit einer konkreten Zahl von mindestens 1.100 Soldaten festgelegt wird.

Streit um Wehrpflicht

Die Sicherheitsstrategie lag mehr als zwei Jahre unerledigt im Parlament. Der Grund für die Verzögerung war der Streit um die Wehrpflicht zwischen den Koalitionsparteien. Nachdem sich die Bevölkerung im Jänner mit 60 Prozent klar für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen hatte, einigten sich SPÖ und ÖVP im April auf ein zehnseitiges Papier mit allgemeinen Empfehlungen für die künftige Ausrichtung der Sicherheitspolitik. Diese allgemeinen Empfehlungen waren der zweite Teil der Sicherheitsstrategie. Der erste Teil, der aus einer Analyse der Sicherheitslage im In- und Ausland bestand, wurde schon vor zwei Jahren im Ministerrat beschlossen, dann aber eben nicht mehr weiterbehandelt. Das ganze Papier, in dem nun auch die Wehrpflicht verankert wird, soll mit einer möglich breiten Mehrheit im Parlament beschlossen werden.

SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser hofft auf einen einstimmigen Beschluss, glaubt aber eher nicht daran: "Das wird schwer sein." Sein ÖVP-Kollege Oswald Klikovits will die Wünsche der Opposition berücksichtigen, glaubt aber auch nicht, dass ein Konsens zwischen allen Parteien möglich ist.