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Sie hätten Netflix & Co. kaufen können – und versagten

Sie hätten zu den ganz Großen werden können. Aber Hochmut und der fehlende Glaube an Technologie führten dazu, dass sie komplett versagten.

Excite-CEO George Bell lehnt das Angebot der Google-Übernahme ab. Er wollte seiner eigenen Suchmaschine nicht die Google-Technik einverleiben.
Excite-CEO George Bell lehnt das Angebot der Google-Übernahme ab. Er wollte seiner eigenen Suchmaschine nicht die Google-Technik einverleiben.
REUTERS

Der Begriff "googeln" hat seinen festen Platz im Duden und auch die Redewendung "Netflix and chill" ist nicht mehr wegzudenken. Hätten zwei Männer vor vielen Jahren eine andere Entscheidung getroffen, würde man diese Begriffe heute wohl gar nicht kennen.

Netflix: vom DVD-Verleih zum größten Streaming-Dienst der Welt

1997 gründeten Marc Randolph und Reed Hastings das Videoverleihunternehmen Netflix. Das Start-up hatte zu dieser Zeit einen großen Konkurrenten: Blockbuster, das weltweit größte Videoverleihgeschäft mit rund 8.000 Filialen.

Netflix hatte dem Rivalen aber etwas voraus. Das Unternehmen setzte auf ein Online-Modell, bei dem Kunden ihre Filme auf der Netflix-Homepage aussuchen konnten. Anfangs zahlte man pro ausgeliehenem Film, später lancierten Randolph und Hastings dann den Abo-Service. Die Kundschaft konnte für 22 Dollar pro Monat so viele Filme oder Serien ausleihen, wie sie wollte.

1999 zählte Netflix 239.000 Abonnenten und bot mehr als 3.000 Filme und Serien an.

Reed Hastings, einer der Gründer von Netflix, hält in seiner Hand einen der roten Netflix-Umschläge, mit denen die Filme zu den Kunden verschickt wurden.
Reed Hastings, einer der Gründer von Netflix, hält in seiner Hand einen der roten Netflix-Umschläge, mit denen die Filme zu den Kunden verschickt wurden.
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Netflix stand vor dem Aus

Die Dotcom-Blase im Jahr 2000 setzte Netflix zu: Es drohten hohe Verluste. Die beiden Gründer sahen nur noch einen Ausweg: Netflix an den Konkurrenten Blockbuster Video zu verkaufen. Für 50 Millionen US-Dollar. Monatelang mussten sie auf ein Meeting warten.

Doch der damalige Blockbuster-CEO John Antiocos lehnte ab. Er soll sich sogar über die beiden Netflix-Gründer und das Angebot lustig gemacht haben. Netflix stand vor dem Aus. 2001 blieben dem Unternehmen nur noch ein paar Monate.

Algorithmus und Watchlist verhelfen Netflix aus der Krise

Netflix sagt dem Rivalen den Kampf an: Das Unternehmen entwickelte einen Algorithmus, der Filmvorschläge personalisiert. Und auch die Watchlist wurde eingeführt, mit der sich Filme vormerken ließen. Das verhalf Netflix zum Wachstum. 2007 lancierte die Firma den Streaming-Dienst.

Da das Internet zu dieser Zeit noch nicht über die nötige Geschwindigkeit verfügte, war die Qualität der Streams ungenügend. Doch Netflix investierte Millionenbeträge in die Ressourcen. 2011 zählte der Streaming-Dienst 20 Millionen Abo-Nutzer.

Blockbuster litt unter dem Rückgang der Nachfrage an physischen Speichermedien. Das Unternehmen meldete 2010 Insolvenz an. Vier Jahre später war das Ende besiegelt.

Die letzte verbliebene Blockbuster-Filiale in Bend, Oregon. Alle anderen 8.000 Filialen des einst größten Videoverleihgeschäfts sind verschwunden.
Die letzte verbliebene Blockbuster-Filiale in Bend, Oregon. Alle anderen 8.000 Filialen des einst größten Videoverleihgeschäfts sind verschwunden.
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Google-Gründer boten ihre Suchmaschine an

1996 entwickelten Larry Page und Sergey Brin an der Stanford-Universität ihre erste Online-Suchmaschine mit dem Namen BackRub. 1997 wurde sie in Google umbenannt.

Excite, ein Internetportal mit Suchmaschine und Webverzeichnis, wurde zwei Jahre vor Google gegründet. Durch mehrere Übernahmen, unter anderem mit dem Breitband-Internetprovider @Home Network, wurde das Unternehmen in Excite@Home umbenannt.

1999 boten die Google-Gründer Excite@Home ihre Suchmaschine für eine Million Dollar an. Geknüpft an die Bedingung, dass die Suchmaschinen-Technologie von Excite durch diejenige von Google ersetzt wird. Das war dem Excite-CEO zu viel. Er lehnte ab.

Heute gehört Google mit einem Börsenwert von über 1,5 Billionen US-Dollar zu den fünf wertvollsten Unternehmen der Welt. Ebenfalls aufgrund der Folgen der Dotcom-Blase, beantragte Excite 2001 Insolvenz. Drei Jahre später wurde die Firma von Ask.com übernommen.

Myspace wollte Facebook kaufen

Myspace war einst das beliebteste soziale Netzwerk. Tom Anderson, auch bekannt unter Myspace Tom (siehe Bild), gründete die Plattform im August 2003 zusammen mit Marc DeWolf. Ein Jahr vor Facebook.

Myspace-Gründer Tom Andersons weltweit bekanntes Profilbild. Keiner hatte so viel Freunde wie er. Wer auf Myspace ein Profil eröffnete, war automatisch mit ihm befreundet.
Myspace-Gründer Tom Andersons weltweit bekanntes Profilbild. Keiner hatte so viel Freunde wie er. Wer auf Myspace ein Profil eröffnete, war automatisch mit ihm befreundet.
Screenshot Myspace

Die Geschichte von Facebook startete 2004. Mark Zuckerberg, damals noch Harvard-Student, lancierte einen Prototyp namens Thefacebook.com, exklusiv für Harvard-Studenten. Nach zwei Wochen registrierten sich über zwei Drittel aller Studierenden. Drei Monate nach dem Start hatten 30 Universitäten eine Facebook-Community.

Noch im gleichen Jahr trafen sich der damalige Myspace-CEO Chris DeWolf und Mark Zuckerberg. Der Facebook-Gründer bot Facebook zum Kauf an, für 75 Millionen Dollar. Dieser Preis war DeWolf zu hoch. Er lehnte ab.

Myspace nur noch Schatten seiner selbst

Im gleichen Jahr wurde Myspace für 580 Millionen Dollar von News Corp. gekauft. Bis zum Jahr 2008 lief es für Myspace sehr gut, man überholte sogar Google als meistbesuchte Website. Fehlende Innovationen, mangelnde Benutzerfreundlichkeit und viel Werbung ließen dann aber immer mehr Nutzer zur Konkurrenz wechseln.

Zuckerberg entwickelte Facebook zur größten Social-Media-Plattform mit fast drei Milliarden monatlich aktiven Usern. Myspace wurde 2011 für 35 Millionen Dollar an eine Mediengruppe und Justin Timberlake weiterverkauft. Von den glorreichen Zeiten redet kaum noch jemand.