Wintersport

Skisprung-Star mit Schock-Beichte: "Gehetztes Tier"

Sven Hannawald war der beste Skispringer der Welt. Dann stoppte ihn ein Burnout. Jetzt gibt er tiefe Einblicke über seine schwierigste Zeit.

Martin Huber
Ex-Skispringer Sven Hannawald: "Ständig schlapp!"
Ex-Skispringer Sven Hannawald: "Ständig schlapp!"
Bild: imago images

Sven Hannawald war der deutsche "Skispringer-Gott". Er gewann 2001/02 als erster Athlet alle vier Springen bei der Vierschanzen-Tournee und wurde zum nationalen Helden. Hannwald sorgte für einen Hype - und bei RTL für Mega-Einschaltquoten.

Im Interview mit der "Apotheken-Umschau" spricht der 47-Jährige über seinen Burnout und gibt tiefe Einblicke in die Schattenseiten einer so großen Sportler-Karriere.

"Es fing schon vor meiner Supersaison Ende 2001 an"

Über Symptome klagte Hannawald schon viel früher als vor seinem Karriere-Ende 2005. "Das war ein schleichender Prozess und fing schon vor meiner Supersaison Ende 2001 an. Ich fühlte mich dauernd müde. Meinem Körper habe ich Pausen gegönnt, aber in meinem Kopf ging es 24 Stunden am Tag, an sieben Tage der Woche ums Skispringen. Auf der Heimfahrt von einem Wettkampf habe ich schon an den nächsten gedacht", schildert er.

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    "Ich hatte keine Zeit, mich besser um mich zu kümmern. Ich hatte Erfolg. Ich hatte Blut geleckt. Ich wollte nicht um hintere Plätze springen. Ich wollte ganz vorne dabei sein. Halbe Sachen sind nicht mein Ding. Auch da bin ich rigoros“, erklärte der Vierschanzentournee-Sieger von 2002.

    "Ich war ständig schlapp"

    Siege halfen jedoch nicht, um wieder gesund zu werden. "Schon 2003 war ich ständig schlapp. Meine Symptome ähnelten denen von Pfeifferschem Drüsenfieber. Aber das hatte ich nicht. Ich rannte von einem Arzt zum nächsten. Keiner konnte etwas finden. Es hieß immer nur: ‚Wow, Spitzensportler! Sie haben Top-Werte."

    Hannwald fühlte sich wie ein "gehetztes Tier“. 2004 suchte er einen Arzt für Psychosomatik auf. Dieser stellte ihm die Diagnose Burnout aus.

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      Laufen war unmöglich

      "Für mich war das eine totale Erlösung. Endlich wusste ich, was mit mir los war, und konnte etwas dagegen tun. Mein Plan: Schnell in eine Klinik gehen, mir erklären lassen, was ich falsch mache, mir ein paar Tipps abholen, was ich besser machen kann – und dann schnell wieder fit werden, um für die anstehende Saison trainieren zu können", sagte er.

      Diesen Plan konnte der Olympiasieger von 2002 aber nicht umsetzen. "Ich konnte in der Klinik gut abschalten. Doch sobald ich nur an Skispringen gedacht habe, wurde mein Körper unruhig. Ich konnte nicht schlafen, war schweißgebadet. Am Anfang haben mir Medikamente geholfen. Durch die Tabletten kam ich abends zur Ruhe", beschreibt er er seine Zeit im Spital.

      "Die Unruhe, das flaue Gefühl, das Zittern waren sofort wieder da"

      Doch auch nach seiner Therapie ging es nicht aufwärts für den Top-Sportler. Sogar ein Besuch bei den Eltern bereitete ihm Stress.  "Die Unruhe, das flaue Gefühl, das Zittern waren sofort wieder da“. Selbst Laufen war für den Leistungssportler zunächst unmöglich.

      Wenige Monate später wusste er, dass seine Karriere zu Ende ist. “Eines Tages auf dem Weg in die Halle war es aber dann wieder da – dieses Gefühl von extremer Unruhe und Stress, das ich schon längst überwunden glaubte. Da wusste ich es", beschreibt Hannawald den "schwersten Tag meines Lebens".

      Heute mache ihm die Arbeit als ARD-Skisprung-Experte "total Spaß".

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