Gesundheit

Smartphone-App erkennt Corona-Infektion an der Stimme

Mit 89 Prozent Treffsicherheit soll die App genauere Ergebnisse liefern als ein Antigen-Schnelltest. Es gibt allerdings Schwachstellen.

Sabine Primes
Solche Tests per App könnten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden und sind einfach auszuwerten. Aktuell besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf.
Solche Tests per App könnten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden und sind einfach auszuwerten. Aktuell besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf.
Getty Images/iStockphoto

Eine mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattete Handy-App ist offenbar in der Lage, eine COVID-19-Infektion an der Stimme zu erkennen. Das berichten Wissenschaftler aus den Niederlanden beim internationalen Kongress der European Respiratory Society (ERS) in Barcelona. Eine Infektion mit COVID-19 betrifft üblicherweise die oberen Atemwege und die Stimmbänder, was zu Veränderungen der Stimme der Patienten führt. Dies brachte Aljbawi und ihre Kollegen auf die Idee zu untersuchen, ob man nicht KI nutzen könnte, um die Stimme zu analysieren und so COVID-19-Infektionen nachzuweisen.

In der vorgestellten Studie habe das KI-Modell in 89 Prozent der Fälle richtig gelegen, so Erstautorin Wafaa Aljbawi. Im Kongressabstract (Abstract OA1626) war die Rede von 84 Prozent – seit der Einreichung wurden die Daten jedoch erweitert und haben mit 89 Prozent ein noch besseres Ergebnis erzielt.

893 Stimmproben analysiert

Die Forscher verwendeten die COVID-19 Sounds App der University of Cambridge, die 893 Stimmproben von 4.352 gesunden und nicht-gesunden Teilnehmern enthält – 308 davon waren positiv auf COVID-19 getestet worden. Die Nutzer machen in der App einige grundlegende Angaben zu Demografie, medizinischer Vorgeschichte und Raucherstatus und zeichneten dann einige Audioproben auf – Husten, tiefes Atmen durch den Mund und das Vorlesen eines kurzen Satzes.

Basierend auf diesen Proben entwickelten die Forschenden ein KI-Modell. Während Treffgenauigkeit insgesamt sowie Sensitivität bei 89 Prozent lagen, betrug die Spezifität 83 Prozent. Zum Vergleich: Die Treffgenauigkeit von Antigentests variiere dagegen stark, auch abhängig von der Marke. Das Abstract spricht hier von 56,2 Prozent. Zudem seien Antigentests erheblich weniger genau bei COVID-19-Patienten, die keine Symptome zeigten.

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    Screenshot corona.hydro-it.com

    Kostenlose Testmöglichkeit

    "Diese Ergebnisse zeigen, dass einfache Stimmaufnahmen und fein abgestimmte KI-Algorithmen potenziell in der Lage sein könnten, mit hoher Präzision zu ermitteln, ob Patienten mit COVID-19 infiziert sind", so die leitende Forscherin. Solche Tests per App könnten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden und sind einfach auszuwerten. Darüber hinaus würden sie es erlauben, Patienten aus der Ferne zu testen und lieferten in unter einer Minute ein Ergebnis. Sie könnten zum Beispiel am Eingang von Großveranstaltungen eingesetzt werden, um die Besucher zu screenen.

    Schwachstellen

    Mit 99,5 Prozent haben Antigentests eine nahezu unfehlbare Spezifität. Die KI erreichte 83 Prozent. "Die hohe Spezifität von Antigentests bedeutet, dass nur einer von 100 gesunden Getesteten fälschlicherweise einen positiven COVID-19-Befund erhält. Das KI-Modell würde dagegen 17 von 100 Nicht-Infizierten fälschlicherweise als positiv anzeigen. Da der Test per App allerdings kostenlos ist, könnte man die Menschen zu PCR-Tests einberufen, falls der Test positiv ausfällt."

    Die Spezifität eines diagnostischen Testverfahrens gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass Gesunde, die nicht an der geprüften Erkrankung leiden, im Test auch tatsächlich als gesund erkannt werden.
    Sie wird definiert als der Quotient aus richtig negativen Testergebnissen und der Summe aus falsch positiven und richtig negativen Testergebnissen – also allen Testergebnissen, denen tatsächlich keine Erkrankung zugrunde lag.

    Außerdem konnten die Wissenschaftler nicht testen, ob das KI-Modell zwischen COVID-19 und anderen Atemwegserkrankungen unterscheiden kann. Den Forschern stünden momentan nur Daten zur Verfügung, die COVID-19-Patienten und Nicht-COVID-19-Patienten vergleichen.