Österreich

Gemeinderat als grüne Casting-Show für Wahl?

Heute Redaktion
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Die Frage, wie weit das Türkis-Grüne Regierungsprogramm positive oder negative Auswirkungen auf Wien hat, lockte deutlich mehr Mandatare ans Redepult als sonst bei Sondergemeinderatssitzungen üblich.
Die Frage, wie weit das Türkis-Grüne Regierungsprogramm positive oder negative Auswirkungen auf Wien hat, lockte deutlich mehr Mandatare ans Redepult als sonst bei Sondergemeinderatssitzungen üblich.
Bild: PID/Christian Fürthner

Beim Sondergemeinderat zum Thema "was bedeutet Türkis-Grün für Wien" traten deutlich mehr Redner ans Pult als sonst. Für Grüne und FPÖ "nix besonderes", das sehen nicht alle so.

Auf Verlangen der FPÖ setzte sich der Wiener Gemeinderat heute, Donnerstag, mit der Frage auseinander, welche Auswirkungen das türkis-grüne Regierungsprogramm auf Wien hat.

Vizebürgermeister Dominik Nepp kritisierte das Koalitionsabkommen als "Anschlag auf die Wiener Bevölkerung". Darin gebe es massive Rückschritte in den Bereichen Sicherheit, Ausländerpolitik und soziale Gerechtigkeit. Ein Streitpunkt war auch die geplante Aufhebung der Hacklerregelung Neu.

Diese war kurz vor der Wahl mit den Stimmen von FPÖ, SPÖ und ÖVP beschlossen worden und sollte Menschen nach 45 Jahren Arbeit ermöglichen, abschlagsfrei in Pension zu gehen. "Doch im schwarz-grünen Programm wurde das von der ÖVP wieder rausreklamiert", so Nepp.

Außergewöhnlicher "Run" aufs Rednerpult

Die Kritik an der Türkis-Grünen Regierung führte zu einem ungewohnte hohen Aufkommen an Abgeordneten am Rednerpult. Im Durchschnitt melden sich bei einem Sondergemeinderat pro Fraktion zwei bis drei Redner. Daran hielten sich bei der heutigen Sitzung bis 14 Uhr aber nur die Neos und ÖVP. Die SPÖ entsandte vier Mandatare, bei der DAÖ ergriff nur Karl Baron das Wort.

Deutlich mehr Aktivität entwickelten die Grünen und die FPÖ. Bei beiden Parteien traten zehn Abgeordnete ans Rednerpult. Dennoch sei diese auffallende Dynamik für beide Fraktion "nichts ungewöhnliches". Die Grünen betonen, dass die Auswirkungen auf Wien ein wichtiges Thema seien, daher würden viele Grüne die Regierung gegen die Angriffe der FPÖ verteidigen. "Viele unsere Mandatare waren ja auch bei den Koalitionsverhandlungen dabei und nützten jetzt die Chance, etwas dazu zu sagen", heißt es.

Auch die Freiheitlichen sehen "nichts besonderes". Die Chance, mehr Redner als sonst nach vorne zu schicken, wollte man sich aber offenbar dennoch nicht entgehen lassen. "Das ändert sich ja auch ständig, irgendwer lässt sich von der Rednerliste streichen, dann kommen wieder neue dazu", so ein FPÖ-Mann.

Grüne auf Publicity-Tour?

Das an den gehäuften Reden der Gemeinderäte nichts unübliches sei, sehen allerdings nicht alle so. Manche vermuten daher den Versuch, rund zwei Wochen vor der Grünen Landesversammlung am 15. Februar, noch einmal für mehr Bekanntheit zu sorgen. Bei dem Treffen wird entschieden, wer auf die Landeswahlliste für die kommende Wienwahl landet. Um den zweiten Platz hinter Vizebürgermeisterin Birgit Hebein rittern neben Planungssprecher Peter Kraus und Klubchef David Ellensohn auch Quereinsteigerin Judith Pühringer, "Heute" berichtete.

Auch der Verdacht, dass die Grünen in den "hohen Hallen" des Gemeinderats ein Werbevideo drehen, wurde geäußert. Dem widersprechen die Grünen: "Wir nehmen die Reden auf, und verwenden gegebenenfalls Teile davon. Von einem Werbevideo kann aber nicht die Rede sein".