Politik
So funktionieren Vorzugsstimmen
Der Stimmzettel zur Nationalratswahl hat mehr zu bieten als nur ein Kreuzerl für die gewählte Partei. Auch Vorzugsstimmen können vergeben werden. Wie funktioniert das?
Alle Wahlberechtigten gemeinsam können am Sonntag theoretisch 25,6 Millionen Vorzugsstimmen vergeben. Dass alle zustande kommen, ist aber unwahrscheinlich. Denn dazu müssten alle Wahlberechtigten wählen gehen und auch verlässlich alle drei Vorzugsstimmen korrekt vergeben.
Wozu sind Vorzugsstimmen gut?
Die Partei reiht ihre wichtigsten Vertreter nach verschiedenen Kriterien auf den Parteilisten. Es gibt Bundesparteilisten, Landesparteilisten und Regionalparteilisten. Aufgrund dieser Reihenfolge entscheidet sich dann, wer in den Nationalrat einzieht. Wer höher auf der Liste steht, hat mehr Chancen auf ein Mandat.
Wähler können in diese Reihenfolge per Vorzugsstimme eingreifen. Bekommt ein Kandidat besonders viele, wird er nach vorne gereiht.
Anschaulich beobachten konnte man das zuletzt bei der EU-Wahl, bei der HC Strache (der eigentlich nur pro forma auf dem allerletzten Listenplatz kandidierte) so viele Vorzugsstimmen bekam, dass er an die Spitze der Liste katapultiert wurde und damit Anspruch auf ein EU-Mandat hatte.
Fixes Mandat durch Prozentregel
Auf der Bundesliste braucht ein Kandidat/Kandidatin Vorzugsstimmen von sieben Prozent der Wähler, um vorgereiht zu werden und ein fixes Mandat zu bekommen. Auf der Landesparteiliste ist die Grenze 10 Prozent, auf der Regionalparteiliste sind es mindestens 14 Prozent. Die Kandidaten werden dann auf der jeweiligen Liste vorgereiht.
Wie kann ich Vorzugsstimmen vergeben?
Unter dem Kreis für das Kreuzerl stehen bei der jeweiligen Partei noch drei rechteckige Felder zur Verfügung. "Vorzugsstimme Bundeswahlvorschlag", "Vorzugsstimme Landeswahlkreis", "Vorzugsstimme Regionalwahlkreis" steht darauf.
Um diese korrekt auszufüllen, kommen nun die weiteren Aushänge in der Wahlkabine (oder zusätzliche Zettel der Wahlkarte) ins Spiel. Dort sind alle Kandidaten der Bundeswahlliste und der Landeswahlliste einzusehen. In die freien Felder unter dem Kreuzerl schreibt man dann entweder den Nachnamen oder die Nummer des gewünschten Kandidaten. Die Kandidaten des Regionalwahlkreises kann man direkt am Stimmzettel sehen und gleich ankreuzen.
Wichtig: Man kann nur Vorzugsstimmen für die Kandidaten der gewählten Partei vergeben. Wer zum Beispiel ÖVP wählt, kann Pamela Rendi-Wagner keine Vorzugsstimme geben. Hier schlägt das Partei-Kreuzerl alle nicht dazu passenden Vorzugsstimmen.
Zahlt es sich aus, eine Vorzugsstimme zu vergeben?
Vorab: Es ist kein Muss. Ein Stimmzettel ist auch ohne Vergabe von Vorzugsstimmen gültig. Und man muss zugeben: die Möglichkeit wird nicht so stark genutzt, wie sie genutzt werden könnte – wohl auch, weil sie traditionell wenig Auswirkungen auf die Wirklichkeit hat. In den 48 Jahren, in denen es Vorzugsstimmen bei Nationalratswahlen gibt, ist es nur selten vorgekommen, dass jemand dadurch ein Mandat bekommen hätte.
Das hat mehrere Gründe: Die meisten Vorzugsstimmen bekommt meist der, der eh ganz oben auf der Liste steht. Bei der letzten Nationalratswahl war das Wahlsieger Sebastian Kurz (ÖVP) mit 117.468 Vorzugsstimmen. Er war der einzige, der damit die nötige Hürde von sieben Prozent erreichte. Was in dem Fall aber egal war, weil er ohnehin als Parteichef an der Spitze der Bundesliste stand.
Das liegt auch daran, dass die wenigsten Kandidaten dezidierte Vorzugsstimmenwahlkämpfe für sich selbst führen. So etwas kann nämlich zu internen Spannungen in der Partei führen. Viele, die in der Vergangenheit Anspruch auf ein Mandat gehabt hätten, haben dann nach der Wahl auch schlicht darauf verzichtet.
Das alles führt zu den Vorwurf, dass Vorzugsstimmen oft nur als "Mobilisierungsgag" eingesetzt werden.