Wien

So funktioniert das Contact-Tracing in Wien

Contact Tracing statt Kekse backen: In der Volkshalle im Rathaus sitzen 100 Mitarbeiter und gehen allen Kontakten von Corona-Infizierten nach.

Isabella Kubicek
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In der Volkshalle sitzen 100 Contact-Tracer.
In der Volkshalle sitzen 100 Contact-Tracer.
Sabine Hertel

Dort wo normalerweise zu dieser Zeit Lebkuchen in der Weihnachtswerkstatt verziert und Briefe ans Christkind abgeschickt werden, sitzen 100 Mitarbeiter mit Headset vor ihren Bildschirmen. Das Team in der Volkshalle ist eines der wichtigsten Instrumente gegen die Ausbreitung des Corona-Virus: Die sogenannten Contact Tracer rufen positiv getestete Personen an und eruieren Kontaktpersonen und informieren über die Quarantänemaßnahmen.

Katarzyna K. (32) arbeitet seit einem Monat in der Volkshalle, über ein AMS-Inserat hat sie von dem Job erfahren. "Wir erkundigen uns ob jemand Symptome hat, ob zu Hause die Möglichkeit einer Isolation besteht oder ob der Arbeitgeber schon informiert wurde". Erst vergangenen Freitag hat Melanie U. (23) ihren ersten Arbeitstag absolviert. "Ich war auf der Suche nach einer sicheren Arbeit, die mich über die Krise bringt", erklärt die gebürtige Salzburgerin.

600 Mitarbeiter im Einsatz

Insgesamt arbeiten 600 Mitarbeiter im Contact-Tracing-Team, aufgeteilt an fünf Standorten. "Zwei weitere werden nächste Woche folgen", erklärt Bürgermeister Michael Ludwig bei einem Besuch der Volkshalle am Donnerstag. Neue Mitarbeiter werden über eine Kooperation mit dem AMS gefunden oder aus dem Stadtservice und einem Pool des Magistrats rekrutiert, erklärt Walter Hillerer, Leiter des Einsatzteams der Stadt Wien.

"In anderen Teilen Österreichs wird darüber diskutiert, im Zuge der Massentestungen, die in Wien ab morgen bis zum 14. Dezember an drei Standorten erfolgen, auf die Verfolgung der Kontaktpersonen von positiv Getesteten fallweise zu verzichten. Die Stadt Wien wird das Contact Tracing dafür nicht aussetzen", kündigte der Bürgermeister an. Für Ludwig würde ein Verzicht auf Contact Tracing die Strategie zur Eindämmung der Pandemie relativieren.

In 50 Prozent der Infektionsfälle konnte die Quelle der Ansteckung geklärt werden, ein "Spitzenwert" im Bundesländer-Vergleich, erklärte der Bürgermeister.

Kritik an Kanzler Kurz

Am Rande des Besuches in der Volkshalle übte Bürgermeister Michael Ludwig auch Kritik an der Aussage von Kanzler Kurz. Wie berichtet meinte Kurz in der gestrigen Pressekonferenz wörtlich: "Wir hatten im Sommer sehr sehr niedrige Ansteckungszahlen nach dem Lockdown und haben dann durch Reiserückkehrer, und insbesondere auch durch Menschen, die in ihren Herkunftsländern den Sommer verbracht haben, uns Ansteckungen wieder ins Land hereingeschleppt."

Es sei keineswegs nachvollziehbar, warum hier wiederum zwischen Urlaubern und Personen mit Migrationshintergrund differenziert werde, kritisierte Ludwig. "Die Stadt ist allen Personen, die vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich in Wien tätig sind, sehr dankbar. Und zwar unabhängig davon, woher sie stammen", sagte der Bürgermeister. "Und was ist die Konsequenz? Wieso gibt es keine Testmöglichkeit an den Grenzen?", wirft Ludwig den Ball zurück an den Bund.