Wirtschaft

Kommt Strompreisdeckel? – so geht es nun weiter

Die WIFO-Experten rund um Gabriel Felbermayr geben neue Einblicke in ihr Billigstrom-Modell. Die Politik verhandelt noch.

Tobias Kurakin
Der Strompreis könnte schon bald wieder billig werden.
Der Strompreis könnte schon bald wieder billig werden.
Johanna Schlosser / picturedesk.com

Die horrenden Strompreise sind für viele im Land eine enorme Belastung. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr hat daher ein Modell vorgeschlagen, wie der Strompreis wieder gesenkt werden könnte. Nun gibt das Wirtschaftsforschungsforschungsinstitut in einem Dokument neue Details zum Konzept des Experten bekannt.

Die Politik gibt sich unterdessen äußerst ruhig, offenbar steckt man noch Mitten in den Verhandlungen. Doch die zeit drängt, denn immerhin müsste ein Gesetz noch vor der Heizperiode durch Nationalrat und Bundesrat.

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Das Modell

Jedenfalls: Bereits Anfang Juli hatte Felbermayr mit dem Vorschlag eines Stromrechnungsdeckels für Hoffnung bei vielen Kunden gesorgt. Der Plan sieht vor, dass ein gewisser Prozentsatz der Stromrechnung – die Rede ist derzeit von 80 Prozent – gedeckelt wird, während die übrigen 20 Prozent zu den Marktpreisen angeboten werden. Das würde die Bevölkerung entlasten und gleichzeitig zum Energiesparen motivieren.

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Was ist die Bemessungsgrundlage?

Ursprünglich hatte der Plan von Felbermayr vorgesehen, dass der Preisdeckel für einen gewissen Strombedarf sich aus dem Vorjahresverbrauch der Haushalte errechnet. Mittlerweile hat man diesen Plan jedoch verworfen. Auch eine Orientierung an der Gesamtbevölkerung hat aber seine Tücken. "Wenn die Bezuschussung auf Basis eines allgemeinen Durchschnitts angewendet wird, droht die Gefahr, dass kleine Haushalte ihren ganzen Stromverbrauch bezuschusst erhalten; Mehrpersonenhaushalte hingegen nur kleine Anteile. Das wäre hinsichtlich der Anreizwirkung kontraproduktiv und außerdem ungerecht: Wer allein wohnt, würde stärker unterstützt als Familien", heißt es im Expertenpapier dazu.

Die neuen Vorgehensweise des WIFO sieht nun vor, dass man für alle Verbraucher ein gewisses Kontingent des Strompreises auf Basis eines zwei-Personen-Haushaltes deckelt. Sofern das administrativ und rechtlich möglich ist, würden sich die Experten wünschen, dass die Energieversorger Informationen über die Haushaltsgrößen erhalten.

Derzeit scheint es jedoch unrealistisch, dass eine derartige Erhebung schnell genug durchgeführt werden kann. Kleinere Haushalte wären bei diesem Modell trotzdem im Vorteil, Familien hingegen im Nachteil. Eine mögliche Lösung hierfür ist, dass größere Haushalte später Antrag auf einen Zuschuss stellen können.

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Wie sozial gerecht ist das Modell?

Offene Fragen gibt es noch zum Thema, ob alle Menschen in Österreich gleich von der Entlastung profitieren sollen. Dazu heißt es im Expertenpapier: "Es stimmt, dass reiche Haushalte auch hohe Energierechnungen stemmen können und nicht von Energiearmut betroffen sind. Aus Gründen der Sparsamkeit wäre es daher denkbar, diese aus dem Elektrizitätsgrundkontingent zum Fixpreis auszunehmen".

Um eine soziale Staffelung vorzunehmen, bräuchten die Energieversorger jedoch wieder Informationen über die Haushalte. Felbermayr spricht davon, dass sich dies bereits beim Energiegutschein als äußerst schwierig erwiesen hat und ca. 90 Prozent aller Haushalte darauf Anspruch hatten. Derzeit deutet deswegen alles darauf hin, dass es auch beim Strompreisdeckel keine Staffelung geben wird.

"Einfacher wäre es, bei Informationen zu sozial benachteiligten Haushalten, die den Energieversorgern bereits vorliegen, anzuknüpfen – beispielsweise bei der GIS-Befreiung. Für solche Gruppen könnte die Bezuschussung höher ausfallen. Außerdem könnte man, falls es zu Verzögerungen bei dem vollen Programm kommen sollte, die Stromrechnung dieser Gruppe von Verbrauchern sofort subventionieren", heißt es im Papier weiter.

Stand jetzt sieht das WIFO sein Modell unterm Strich trotzdem als "sozial gerecht" an. Ärmere Haushalte würden demnach im Durchschnitt weniger Energie verbrauchen, als jene mit höherem Einkommen. Generell wird argumentiert, dass schließlich die Entlastung umso höher ist, desto weniger Energie verbraucht wird. Würde man hingegen Arbeitspreis von Strom deckeln oder subventionieren, bekämen jene Haushalte mit dem höchsten Energieverbrauch die größte Entlastung.

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Profitieren auch Unternehmen vom Modell?

Am Wochenende preschten schließlich die Wirtschaftskammer und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil mit einer weiteren Idee vor. Untypisch für einen SP-Politiker fordert letzterer: "Der für Haushalte angekündigte Preisdeckel muss auch auf die Wirtschaft ausgeweitet werden. Es hat am Schluss niemand etwas davon, wenn er sich Strom und Gas wieder leisten kann, aber der Job weg ist, weil das Unternehmen wegen der Energiekosten in den Konkurs schlittert."

Zumindest das WIFO erteilt dem aber eine Absage. Unternehmen könnten demnach die finanzielle Mehrbelastung beim Strom an die Kundschaft weitergeben. Dies treibt zwar zwangsläufig die Preise in die Höhe, jedoch sei es laut Einschätzung der Experten besser, einkommensschwache Haushalte "mit sozialpolitischen Transfers zu unterstützen, als den Energieverbrauch der Industrie großflächig zu subventionieren". Zur Entlastung der Betriebe gibt es dennoch einen Vorschlag. "Betriebliche Verluste, die durch stark gestiegene Energiekosten entstehen, könnten allenfalls im Wege eines Verlustrücktrags mit Gewinnen aus der Vergangenheit gegengerechnet werden", so der Vorschlag. Dies hätte sich bereits während der Coronakrise als sinnvoll erwiesen.

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Wie geht es weiter?

Fix ist: Noch im Laufe des August soll geklärt werden, wie viel vom Stromverbrauch der Staat übernehmen soll und das Modell vollständig ausgearbeitet sein. In der Folge befasst sich die Politik mit den letzten Schritten, die zum Beschluss und der Anwendung des Modells nötig sind. Die Regierung würde damit den Weg der Gutscheinpolitik verlassen, die laut Felbermayr nicht als "Instrument gegen die Teuerung, sondern als allgemeine Sozialpolitik wahrgenommen werden".

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