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So lebt es sich in einem Zirkuswagen

Die Schauspielerin Franziska Bürki lebt seit rund zwei Monaten in einem umgebauten Zirkuswagen an der Töss. Ein Besuch.

Heute Redaktion
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Franziska, hast du schon länger davon geträumt, in einem Zirkuswagen zu leben?

Nein, gar nicht. Ich habe schon vorher längere Zeit in Wohnwagen verbracht, besonders auf Tournee. Für die letzte Tournee haben wir hier auf dem Wagenplatz Freienstein geprobt und mir hat es sofort gefallen. Als dann unsere Kostümfrau Corina in ein Haus ziehen wollte, habe ich ihr den Wagen abgekauft.

Einfach so?

Nein, ich habe noch mit meiner besten Freundin telefoniert und ihr vom Wagen vorgeschwärmt. Und dann sagte ich, ich würde noch mal darüber schlafen, und meine Freundin hat nur gelacht und meinte, ich hätte mich doch bereits entschieden. Und es war eine gute Entscheidung! Eine Wohnung ist auf Tournee einfach unpraktisch.

Kannst du uns etwas über die Geschichte dieses Zirkuswagens sagen?

Leider weiß ich nicht viel darüber. Er war wirklich Teil eines Zirkus in Deutschland und ich stelle mir gern vor, wie hier die Dompteurin oder die Zirkusdirektorin gewohnt hat. Inzwischen steht er aber schon seit acht Jahren auf diesem Platz direkt an der Töss. Ich habe zwar wenig Raum, aber es ist alles eine Frage der Organisation. Ich habe ein sehr kleines Sofa, das in einer normal großen Wohnung wahrscheinlich komisch ausgesehen hätte – bei mir passt es perfekt.

War es schwer, deine Besitztümer zu reduzieren?

Jein. Ich hatte zuvor schon auf kleinem Raum gelebt und wir haben auf dem Platz noch eine Art Lager, in dem wir gewisse Dinge unterbringen können. Aber es hat schon Überwindung gebraucht, so viel auszumisten. Ich habe mich mit einer Freundin in meiner alten Wohnung getroffen und sie hat mir beim Aussortieren geholfen: Sie hat jedes Stück hochgehalten und ich musste begründen, warum es dieses Teil verdient hat, mit in den Wohnwagen zu ziehen. Ich habe beschlossen, dass ich nie wieder etwas besitzen will, was ich nicht wunderschön finde. Keine hässlichen Teller mehr, keine beliebigen Möbel.

Was gefällt dir am Leben im Wagen am besten?

Ich habe ihn natürlich so eingerichtet, dass ich mich wohlfühle. Der Standort ist fantastisch, wir sind im Grünen und direkt am Fluss – auch die Nachbarschaft ist toll. Derzeit leben auf dem Wagenplatz elf Personen, die meisten sind Künstler oder sonst kreativ tätig. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, auch weil wir Toilette, Dusche und Lagerraum teilen. Und meinem Hund Pharo gefällt es auch hier.

Was ist nicht so toll?

Ich finde eigentlich alles lässig. Was man halt wissen muss: Das Leben im Zirkuswagen ist zeitaufwendig. Ich muss Holz holen und hacken, um einzuheizen, das WC und die Dusche befinden sich in einem Gebäude in der Nähe und es gibt keinen Hauswart, der sich um gewisse Dinge kümmert.

Der Wagen ist ein kleines Kunstwerk und verlangt handwerkliches Geschick. Hast du das alles selbst gemacht?

Nein. Die Küche und die Zwischenwand hat Vorbesitzerin Corina schon eingebaut. Ich selbst bin eine sehr vorsichtige Handwerkerin, da ich ja auch noch nicht lange hier wohne und Angst habe, beim Nägeleinschlagen versehentlich eine Leitung zu treffen. Aber unter meinen Nachbarn gibt es immer jemanden, der helfen kann. Es fehlt aber noch viel: Ich möchte den Kiesplatz schöner machen, der Wagen braucht dringend einen neuen Anstrich und ein neues Dach – das kann ich wohl nicht alles allein machen.

Willst du für immer hier bleiben?

Nein, ich denke nicht. Meinem Gefühl nach bleibe ich ungefähr zehn Jahre hier (lacht). Danach suche ich mir etwas Neues, aber nicht unbedingt eine Wohnung. Eine Weile auf einem Schiff zu leben, fände ich auch sehr spannend. Im nächsten Jahr konzentriere ich mich aber auf den Zirkuswagen und die Theater-Workshops, die ich geben werde.

(Meret Steiger / 20Minuten)