Life

So macht Mann seine Frau zu Weihnachten glücklich

Weihnachtszeit ist oft auch Streitzeit. Das muss nicht sein, wenn Sie die Tipps von Paartherapeut und Mediator Andreas Baumann verinnerlichen.

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: unsplash

Weihnachten steht vor der Tür und damit auch die vermutlich stressigste Zeit im Jahr, an der oft unfreiwillig der eine oder andere Streit vom Zaun gebrochen wird. Wie Sie das verhindert, verrät Paartherapeut und Mediator Andreas Baumann im Interview:

Herr Baumann, die Weihnachtszeit gilt als eine Schlangengrube für viele Paare, teilen Sie diese Ansicht?

Über die Festtage gibt es viele familiäre Schwierigkeiten, auch Paare tragen dann öfter Konflikte aus. Das liegt daran, dass diese Tage extrem mit Erwartungen aufgeladen werden. Besonders ungeklärte Erwartungen sind ein Problem. Viele Paar- und Familienprobleme beruhen auf Missverständnissen, weil man es versäumt, diese zu klären. Oft werden dann an Weihnachten Erwartungen enttäuscht, dann kommt der Frust, und weil wir mit Frust oft auch nicht gut umgehen können, zum Beispiel, weil wir anfangen, Vorwürfe zu verteilen, eskaliert die Situation.

Warum ist es so wichtig, dass die Weihnachtszeit harmonisch verläuft?

Feste sind wichtige Rituale und Orientierungspunkte. Und an Weihnachten ist es doch so, dass die Familie zentral wird. An Weihnachten kann sich die Beziehung aber nicht auf Knopfdruck verändern. Wenn Paare aber bereits das ganze Jahr hindurch gut miteinander kommuniziert haben, dann gibt es auch am Weihnachtsabend weniger Konflikte.

Was kann ich tun, wenn ich jetzt schon spüre, dass es unter dem Christbaum wieder zu Konflikten kommen wird?

Es ist nie zu spät, das Ruder herumzureißen. Dies ist vor allem mit leichten Veränderungen in der Kommunikation möglich. Mir ist es übrigens wichtig aufzuzeigen, dass es bei Konflikten nicht um Schuld gehen sollte. Manch einer hat leider nicht gelernt, wie gute Kommunikation geht.

Sagen Sie es uns!

Als Erstes kann man sich bewusst machen, dass mit Vorwürfen nichts zu erreichen ist. Was ein Paar oder eine Familie weiterbringt, ist, dass sie lernt, über sich zu erzählen. Dabei geht es nicht um Egomanie, sondern darum, dass man sich als Mensch spürbar macht. Das heißt, die eigenen Empfindungen in der Ich-Form zu formulieren.

Konkret?

Sagen Sie zum Beispiel: "Mich beängstigt und belastet es, dass wir an Weihnachten so oft streiten. Mir tut das nicht gut." Von Du auf Ich zu wechseln, deeskaliert wunderbar, und so erreichen Sie schnell eine ganz andere Gesprächskultur. Über sich zu reden, vermeidet nicht nur Konflikte, sondern macht die Beziehung auch wieder spannend.

Haben Sie weitere Tipps?

Stellen Sie viele Fragen und spitzen Sie nachher die Ohren. Meiner Meinung nach hat das Fragenstellen eine unglaublich schöne Qualität. Die meisten Menschen, die zu mir in die Paartherapie kommen, brauchen übrigens keinen Therapeuten, sie brauchen einen Kommunikationstrainer, weil sie verwirrt und verirrt sind, weil sie nicht gut kommunizieren. Zuhören ist deswegen so wichtig, weil man ohne gutes Zuhören sein Gegenüber gar nicht verstehen kann.

Welche Fragen soll man stellen?

Ganz einfache und offene Fragen. Zum Beispiel: "Wie hättest du es denn gerne?" "Was ist dir genau wichtig?" "Wie viel Zeit brauchst du für dich?" Zum Fragenstellen gehört jedoch auch die zweite Qualität – zuhören. Richtig gut zuhören ist eine hohe Kunst. Kann ich überhaupt gut zuhören? Diese Frage sollte sich jeder einmal stellen.

Was sind konkrete Männer-Probleme?

Viele Männer glauben zu wissen, wie ihre Frau tickt, und hören darum nicht mehr gut zu und interpretieren viel zu viel. Wenn die Frau etwas sagt, dann hören viele Männer etwas ganz anderes, nämlich das, was sie glauben zu hören, was sie hören wollen.

Woran liegt das?

Weil sie nicht in der Gegenwart leben. Was ihre Frau vor drei Jahren noch glücklich machte, hat heute vielleicht überhaupt keine Gültigkeit mehr. Oder noch extremer formuliert: Was an den letzten Weihnachten relevant war, ist heute nicht mehr relevant. Menschen sind im stetigen Wandel und das ist auch gut so, alles andere wäre langweilig. Darum ist ständiges Rückfragen auch so enorm wichtig.

Das klingt alles wunderbar, doch langsam, aber sicher wird es knapp bis Weihnachten. Was kann man in dieser kurzen Zeit noch machen?

Ich wiederhole mich: Sobald Sie diesen Artikel gelesen haben, rufen Sie zum Beispiel Ihre Frau an, machen ein Zeitfenster ab und sprechen dann darüber, was Sie das letzte Mal gestört hat. Zum Beispiel: Was war der Auslöser für den letzten Konflikt? Außerdem sollten die beidseitigen Erwartungen an die Festtage geklärt werden.

Haben richtige oder falsche Weihnachtsgeschenke einen Anteil an einem harmonischen Fest?

Natürlich! Sie könnten Ihrer Frau zum Beispiel Zeit schenken und anbieten, dass sie am 24. Dezember joggen oder ins Yoga gehen kann, währenddessen Sie als Mann den Haushalt schmeißen und das Festessen kochen. Frauen mögen Geschenke im nicht-materiellen Bereich.

Zum Beispiel?

Schenken Sie Ihrer Frau zum Beispiel einen Gutschein mit drei frei wählbaren Wünschen, die sie irgendwann einlösen kann. Der Vorteil ist, dass Sie dabei sehr viel über die verborgenen Wünsche Ihrer Frau erfahren, weil sie damit ihre Bedürfnisse manifestiert.

Was spielt das Thema Alkohol für eine Rolle?

Viele kiffen ja auch (lacht). Zu Ritualen, wie Weihnachten zu feiern, gehört auch, sich in eine andere Sphäre zu bringen. Sich zum Beispiel am Kerzenschein, an Musik oder einem guten Glas Wein zu berauschen, kann sehr positiv sein. Was die andere Botschaft ist: Sehr viele Drogen töten die Sensibilität. Ich finde: Man könnte wieder körperlicher sein – auch an Weihnachten. Drogen stumpfen derweil immer ein bisschen ab. Zum Beispiel könnte man an Weihnachten ja auch mal tanzen, anstatt sich zu betrinken.

Bei allen guten Tipps – wann ist es besser, das Fest gleich ganz abzusagen?

Das ist ein ganz heikler Punkt, weil es bei einer Absage ganz viele Opfer gibt, sehr viele Kränkungen passieren. Ich hätte einen besseren Vorschlag: Menschen spüren ja, wenn es zum Eklat kommen könnte. Was dabei unglaublich hilfreich ist: Gehen Sie vor der Eskalation weg. Gehen Sie kurz raus, drehen eine Runde um den Block, atmen Sie gut durch und denken Sie an etwas Schönes. Wenn Sie zurückkommen, dann haben Sie vielleicht schon fast vergessen, was eigentlich das Problem war, und sehen wieder klar.

Wenn sich ein Paar jetzt kurzfristig noch für einen Beratung bei Ihnen entscheidet, haben Sie noch freie Termine?

Spannenderweise hat die Nachfrage jetzt schon deutlich zugenommen. Ob das auch mit Weihnacht zu tun hat, kann ich aber nicht mit Sicherheit sagen.

Andreas Baumann (63) ist Paartherapeut, Mediator und Sexologe bei der Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich. (lme)

(Red)