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So viel Mikroplastik essen wir Woche für Woche

Heute Redaktion
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In Lebensmitteln, in Kosmetika oder in der Luft: Mikroplastik findet sich heutzutage überall. Erschreckend ist allerdings, wie viele dieser Plastikteilchen im Körper des Menschen landen.

Synthetische Kleidung, Autoreifen, Kontaktlinsen: Produkte aus Kunststoff geben riesige Mengen von Mikroplastik in die Umwelt ab, die am Ende auch im Menschen landen. Konkret in Zahlen: Im globalen Durchschnitt nimmt eine Person wöchentlich bis zu fünf Gramm Mikroplastik auf – das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.

Aus einer Untersuchung der University of Newcastle in Australien im Auftrag des WWF geht hervor, dass die Zahl von Menschen aufgenommenen Plastikteilchen pro Woche bis zu 2000 beträgt. Dies entspricht etwa 21 Gramm pro Monat und etwas mehr als 250 Gramm Plastik im Jahr. "Kunststoffmüll verschmutzt nicht nur Flüsse und Ozeane und schadet den Meereslebewesen, sondern ist inzwischen auch im Boden und in der Luft nachgewiesen", mahnte die Leiterin Meeresschutz des WWF Deutschland, Heike Vesper.

Mikroplastik in Honig, Muscheln und Fisch

"Wir können nicht verhindern, dass wir selbst Plastik aufnehmen", fügte Vesper hinzu. "Mikroplastik belastet die Luft, die wir atmen, unsere Nahrung und das Wasser, das wir trinken." Es werde derzeit noch erforscht, wie sich die Aufnahme von Plastik auf die menschliche Gesundheit auswirke. Klar sei aber, dass es sich bei Plastikverschmutzung um ein globales Problem handle, das auch die Menschen direkt betreffe.

"Denn große Plastikteile zerfallen zu Mikroplastik, das mittlerweile in Nahrungsmitteln wie Honig, Muscheln und Fisch nachgewiesen wurde", betonte Vesper. Weitere Quellen seien Abrieb von Mikroplastik in Plastikflaschen und Synthetikfasern in der Atemluft. "Wenn wir kein Plastik in unserem Körper wollen, müssen wir verhindern, dass jedes Jahr Millionen Tonnen Kunststoffmüll in die Natur geraten."

Dafür bedürfe es eines globalen Abkommens gegen Plastikverschmutzung mit verbindlichen Zielen, erklärte der WWF. Auch Unternehmen müssten der erweiterten Verantwortung für ihre Produkte und den von ihnen verursachten Müll besser gerecht werden. Oberstes Ziel müsse sein, unnötiges Plastik zu vermeiden.

Mikroplastik kann eingeatmet werden

Die Resultate aus Australien stimmen mit Studienergebnissen aus Kanada und Österreich überein. Erst Anfang Juni hatten kanadische Wissenschaftler die Zahl der Mikroplastik-Teilchen, die ein erwachsener Mann pro Jahr unfreiwillig isst und einatmet, auf bis zu 52.000 beziffert.

Das ist laut der Studie, die in der Zeitschrift "Environmental Science and Technology" veröffentlicht wurde, aber noch lange nicht das Maximum. Wer ein Jahr lang nur Wasser aus Plastikflaschen trinkt, nimmt demnach 90.000 zusätzliche Partikel an Mikroplastik zu sich. Für ihre Analyse hatten die Wissenschaftler mehrere hundert Datensätze zur Verschmutzung durch Mikroplastik ausgewertet und sie mit den durchschnittlichen Lebens- und Essgewohnheiten von US-Bürger verglichen.

Die Lösung: Nutzung von Plastik zu verringern

Wie viele Partikel ein Mensch genau zu sich nimmt, hängt den Wissenschaftlern zufolge in hohem Maße davon ab, wo er lebt und was er isst. Die Einnahme von Kleinstpartikeln seien vor allem gefährlich: Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 130 Mikrometern "haben das Potenzial, Teil des menschlichen Gewebes zu werden (und) eine lokale Immunreaktion auszulösen", heißt es in der Studie.

Zugleich betonten die Forscher: "Der wirksamste Weg, um den menschlichen Konsum von Mikroplastik zu reduzieren ist wahrscheinlich, die Produktion und Nutzung von Plastik zu verringern."

Mikroplastik im Stuhl nachgewiesen

In einer weiteren Untersuchung vom österreichischen Umweltbundesamt (UBA) und der MedUni Wien hatten Forscher vergangenes Jahr Spuren von Mikroplastik im menschlichen Körper nachweisen können. Sie stellten bei Probanden, die in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen konsumierten, fest, dass Mikroplastik im Stuhl zu finden war.

Im Mittel wurden 20 Mikroplastik-Teilchen pro zehn Gramm Stuhl gefunden. "In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größee von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen", berichtete Bettina Liebmann, die für Mikroplastik-Analysen zuständige Expertin im UBA. Am häufigsten fanden sich PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat). Analysiert wurde hinsichtlich zehn der weltweit meist verbreiteten Kunststoffe.

Als Mikroplastik werden Plastikteilchen mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern bezeichnet. Es wird als Zusatz in Kosmetikprodukten verwendet, entsteht aber vor allem ungewollt durch Zerkleinerung, Abrieb oder Zersetzung größerer Plastikteile in der Umwelt.

Seit dem Jahr 2000 wurde laut WWF so viel Plastik produziert wie in allen Jahren zuvor zusammen. Etwa ein Drittel der Plastikmenge gelangt demnach unkontrolliert in die Umwelt.

(rfr)