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Stadt Wien präsentiert Schulkooperationsteams

Heute Redaktion
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Erste Pressekonferenz des Bürgermeister Michael Ludwig
Erste Pressekonferenz des Bürgermeister Michael Ludwig
Bild: Sabine Hertel

Unter dem Motto "Wien lässt Lehrer nicht allein", schickt die Stadt ab Februar neue "Schulkooperationsteams" in die Schulen und will so Lehrer entlasten.

Schulschwänzen, aggressive Schüler und kulturelle Unterschiede: Vor allem in den Städten stehen die Lehrer die vielseitigen sozialen Herausforderungen. Nach der im Herbst eingerichteten Hotline für Lehrer, schärft die Stadt Wien nun nach. Noch heuer sollen sogenannte "Schulkooperationsteams" der Kinder- und Jugendhilfe (MA11) in den Schulen unterwegs sein und das Lehrpersonal bei Problemen unterstützen.

"Wien lässt Lehrer nicht allein"

Unter dem Motto "Wien lässt Lehrer nicht allein" präsentierten Bürgermeister Michael Ludwig und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (beide SPÖ) im Rathaus das neue Konzept:

"Wienweit werden insgesamt sechs Teams aus Sozialarbeitern und Sozialpädagogen im Einsatz sein. Die Teams sind Ansprechpartner für Lehrerinnen und Lehrer, sie werden aber auch direkt mit betroffenen Familien arbeiten", kündigten sie im Rahmen der ersten öffentlichen Pressekonferenz des Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) an.

Ein Schulkooperationsteam setzt sich aus drei bis vier Sozialarbeitern und Sozialpädagogen zusammen. "Treten Probleme im Schulalltag auf, wird ein gezieltes Unterstützungsangebot gesucht, beispielsweise sozialpädagogische Beratung im Familienzentrum, Elterntrainingsrunden oder psychologische Hilfe. Wichtig ist uns dabei, auch eine den Kinderrechten entsprechende Partizipation der betroffenen Kinder und Jugendlichen", unterstrich Czernohorszky. Denn, die Lösung von Problemen könne nur gemeinsam mit Eltern und den Kindern gefunden werden.

20 zusätzliche Mitarbeiter für ganz Wien

Organisatorisch werden die Teams in sechs Regionen (Nord, Ost, West, Süd, Mitte-Ost, Nord-West) angesiedelt, die im Zuge der Neuorganisation der Wiener Kinder und Jugendhilfe (MA 11) entstanden sind. In jeder dieser sechs Regionen gebe es auch ein Familienzentrum, in dem schwerpunktmäßig Elternunterstützung angeboten werde. An jedes dieser sechs Familienzentren soll nun ein Schulkooperationsteam angedockt werden. Die Mitarbeiter werden derzeit rekrutiert, sie sollen 2-3 Jahre Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit vorweisen. Einige der Mitarbeiter sind bereits eingestellt worden, der Start ist für den 1. Februar geplant.

Kosten 900.000 Euro jährlich

Die Kosten dieser Initiative betragen 900.000 Euro. Insgesamt stehen 20 zusätzliche Mitarbeiter im Bereich der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik zur Verfügung. Neben der Unterstützung der Lehrer – so sollen die Teams etwa bei Lehrerkonferenzen hinzugezogen werden können – zählen auch die Kooperation und Vernetzung der bestehenden Unterstützungsangebote und ein enger Kontakt zur Polizei zu den Aufgaben der "Problemlöser".

Schwerpunkt Demokratie soll Werte lehren

Nach der FPÖ Wien, die jüngst "Erziehungscamps" für Schüler gefordert hatte, die sich nicht an gesellschaftliche Werte halten, will nun auch die Stadt das zum Thema machen. Wenn auch mit anderen Mitteln: "Uns geht es um Demokratie: Mit Lehrern, Eltern und Schülern, wollen wir neue Spielregeln aufsetzen."

So kündigte Czernohorszky für die nächsten Monate einen "Schwerpunkt Demokratie" an. Mit interaktiven Info-Tafeln "Demokratie - Grundlage unseres Zusammenlebens" soll die Geschichte der Demokratie in Österreich und ihre Bedeutung für eine pluralistische und offene Gesellschaft vermittelt werden. Ein wichtiges Ziel dieser Ausstellung ist die Stärkung des Demokratiebewusstseins und der Bereitschaft, sich für unsere gesellschaftspolitischen Werte einzusetzen", betonte der Bildungsstadtrat.

Hotline wird laut Stadt gut angenommen

Die Anfang Oktober eingerichtete Hotline für Lehrer bei Konflikten im Klassenzimmer werde unterdessen gut angenommen, wurde betont. Bis Ende des Jahres konnten insgesamt 90 Anrufe verzeichnet werden. Rund 55 Prozent der Anrufer waren Pädagogen, 39 Prozent entfielen auf Eltern, 9 Prozent auf weitere unterschiedlichste Bereiche, die mit Schule in Verbindung stehen.

Während Lehrer vor allem Hilfe bei schwierigem Verhalten und Mobbing unter Schülern, Gefährdungsabklärungen und belastenden Arbeitssituationen suchten, meldeten sich die überwiegend dann an, wenn Probleme mit Lehrern auftraten. "In allen Fällen konnte weitergeholfen bzw. Unterstützung vermittelt werden", betonte Czernohorszky.

Opposition übt Kritik: "Zu spät und zu wenig"

Erwartungsgemäß positiv reagierte Bildungsdirektor Heinrich Himmer auf die Einrichtung der Schulkooperationsteams. Er erwartet sich durch die Schulkooperationsteams eine "punktgenaue und schnelle Hilfe, genau da, wo an der Schnittstelle von Schule und Familie Probleme entstehen".

ÖVP Wien-Bildungssprecherin Sabine Schwarz begrüßte zwar grundsätzliche Maßnahmen zur Unterstützung der Schulen, die Schulkooperationsteam seien aber zu wenig und kämen zu spät. "Es ist unverständlich, wieso 20 zusätzliche Mitarbeiter nun die Lösung sein sollen - gesamt gibt es damit in Wien nur 50 Sozialarbeiter für rund 230.000 Schülerinnen und Schüler, das ist zu wenig", so Schwarz.

„Die wahren Probleme an Wiens Schulen werden wohl kaum von 20 zusätzlichen Mitarbeitern in den Griff zu bekommen sein", zweifelt Bildungssprecher der Wiener FPÖ, Stadtrat Maximilian Krauss in einer Aussendung über die geplanten Schulkooperationsteams. "Kulturelle Unterschiede, Gewalt gegenüber Mitschülern und Lehrern, religiös-motivierte Fehden und die gefährliche Indoktrinierung von Kindern – all das sind die wahren Probleme an Wiens Schulen", kommentiert Krauss.

Als "Tropfen auf dem heißen Stein" bezeichnete Neos-Bildungssprecherin Bettina Emmerling die Maßnahme. "Die Herausforderungen, mit denen die Lehrerinnen und Lehrer an den Wiener Schulen zu kämpfen haben, sind so nicht lösbar. Vielmehr braucht es eine komplette Reform des Schulsystems hin zu einer indexbasierten Förderung für Problemschulen und mehr fixem Personal wie Schulpsychologen und Sozialarbeitern", so Emmerling.

(lok)