Wien

Spitäler und Sportstätten werden Solarkraftwerke

Die Stadt startet eine Sonnenenergie-Offensive: Noch heuer bekommen 15 Dächer von Gesundheitseinrichtungen und Sportstätten Photovoltaikanlagen.

Louis Kraft
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Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, Umweltstadträtin Ulli Sima und Bürgermeister Michael Ludwig (v.l.n.r.) präsentierten die neue Photovoltaikanlage auf dem Dach der Rettungsstation Arsenal in Wien-Landstraße.
Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, Umweltstadträtin Ulli Sima und Bürgermeister Michael Ludwig (v.l.n.r.) präsentierten die neue Photovoltaikanlage auf dem Dach der Rettungsstation Arsenal in Wien-Landstraße.
Sabine Hertel

Ende Jänner präsentierte die SPÖ Wien 50 Projekte, mit denen sie Wien zur Klimamusterstadt machen will, "Heute" hat berichtet. Nach der Präsentation des Projekt e-Os in der Hauptkläranlage in Simmering zur Nutzung von Abwasser zur Erzeugung umweltfreundlichen Stroms, startet die Stadt nun eine Offensive bei der Errichtung neuer Photovoltaikanlagen. Den Anfang macht eine Anlage mit 116 Modulen auf dem Dach der Rettungsstation Arsenal in der Arsenalstraße 7 (Landstraße).

"Autofreie" City dreht Photovoltaik fast den Strom ab

Für medial mehr Interesse sorgte aber die Reaktion von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf die kolportierten Pläne von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (G) und Bezirksvorsteher Markus Figl (VP), die Wiener Innenstadt zur fast autofreien Zone zu machen, "Heute" hat berichtet. Bevor er die Pläne kommentiert, will Ludwig zunächst das genaue Konzept abwarten.

"Ich bin für Verkehrsberuhigung, wenn diese auch sinnvoll ist“, dazu brauche es ein Konzept, bei dem Anrainerinnen und Anrainer genauso wie Innenstadt-Besuchende profitierten, das aber auch für die Wirtschaft und damit für die im ersten Bezirk vorhandenen Arbeitsplätze praktikabel sei. „Bei einem guten Konzept ist das Miteinander wichtig, auch bei der Erarbeitung“, sagte Ludwig, “das kann man nicht in ein paar Tagen übers Knie brechen. Ich bin für Lösungen, nicht dafür, Schlagzeilen zu füllen“, so der Bürgermeister. Zudem seien viele der zuletzt von Hebein vorgestellten Maßnahmen, etwa die neuen Begegnungszonen oder Pop Up-Radwege seien ja zeitlich befristet. Ob die "autofreie City" also kommt, um zu bleiben, ist demnach offen.

Eigentlich kam Ludwig mit Umweltstadträtin Ulli Sima und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) aber zur Rettungsstation Arsenal, um den Kick-Off für den Ausbau der Photovoltaikanlagen zu geben. Während der Stadtchef per Hebebühne auf das Dach der Rettungsstation gehoben wurde, zeigten sich Sima und Hacker sportlich und kletterten via einer Leiter selbst hinauf. Sima bekam von Ludwig für ihre Bemühungen ein lobendes "das ist was für die jungen Mitglieder der Stadtregierung", Hacker musste sich hingegen einen Scherz gefallen lassen, ob er eh nicht stecken bleibt.

Wien soll als Klimamusterstadt internationales Vorbild werden

Nach der Begrüßung durch den Leiter der Berufsrettung Wien, Rainer Gottwald, stellten die SPÖ-Politiker dann ihre Pläne vor. "Wien ist bereits die lebenswerteste und die grünste Stadt, jetzt sind wir auf dem Weg zur CO2-neutralen Stadt", erklärte Ludwig. Bis 2030 investiert Wien Energie rund 1,2 Milliarden Euro in Photovoltaikanlagen. Zusammen sollen diese die Fläche von rund 600 Fußballfeldern erreichen. 

Um dafür Platz zu finden, untersuchte die Stadt in einem ersten Schritt alle Dächer der Gebäude, die in die Zuständigkeit von Gesundheitsstadtrat Hacker fallen. Die Geschäftsgruppen der anderen Stadträte folgen danach. Dazu zählen etwa Krankenhäuser, Rettungsstationen, Pflegeeinrichtungen, aber auch Sportstätten. Bis 2022 sind auf den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtfläche von 120.000 Quadratmetern – das entspricht der Fläche von 17 Fußballfeldern – geplant. Diese sollen dann, wie auch die Photovoltaikanlage auf der Rettungsstation Arsenal, einen Beitrag zur Deckung des hauseigenen Strombedarfs leisten. Bei der Rettungsstation Arsenal ist das rund ein Drittel. Pro Jahr erzeugt die neue Anlage 30.300 kWh, das entspricht dem Strombedarf von 16 Haushalten, Jahr für Jahr werden elf Tonnen CO2-Emissionen gespart. Alle Projekten der nächsten Jahre zusammen genommen sollen pro Jahr 2.900 Tonnen an CO2-Emissionen einsparen.

Noch heuer 15 neue Photovoltaikanlagen, Ausbau der E-Ladestellen

"Soziales und Klimaschutz gehen in Wien Hand in Hand: Mit der Kraft der Sonne sorgen wir für eine gesunde Stadt. 15 Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden des Gesundheitsressorts mit einer Gesamtleistung von rund 2,7 Megawatt hat Wien Energie allein für 2020 bereits in Entwicklung bzw. Umsetzung – unter anderem am Dach des Pflegewohnhauses Baumgarten, der Klinik Floridsdorf und der Sportanlage Eisring Süd. Das Gesundheitsressort macht den Anfang, in den kommenden Monaten sollen weitere Vereinbarungen über die Gebäude aller Ressorts geschlossen werden.

Neben dem Photovoltaik-Ausbau vereinbaren Stadträtin Sima und Stadtrat Hacker zusätzlich weitere Klimaschutz-Maßnahmen: So wird aktuell die Errichtung von rund 100 E-Ladestellen an den Standorten des Gesundheitsressorts geprüft und Maßnahmen zur weiteren Dekarbonisierung der Wärme- und Kälteversorgung erarbeitet. Auch die Energieeffizienz der Gesundheitseinrichtungen wird auf den Prüfstand gestellt.

Wien soll ab 2030 CO2-neutral sein

Alle vereinbarten Maßnahmen zahlen unmittelbar in das Ziel ein, Wien zur CO2-neutralen Klimamusterstadt zu machen. "Das heißt, wir verbrauchen soviel CO2, wie wir produzieren und als in der Stadt etwa durch Bäume gebunden werden kann", erklärt Sima. Um das zu erreichen setzt die Stadt auf Projekte von der umweltfreundlichen Mobilität bis hin zur Abfallvermeidung und dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Herzstück des Wiener Wegs sei die Vernetzung der Bereiche Strom, Wärme, Verkehr und Abfallentsorgung. 

Neos fordern umfassenden Solarenergieausbau

Kritik üben die Neos Wien, sie sehen die Maßnahmen als unausreichend an. "Solarenergienutzung auf den Dächern Wiens sollte längst die Regel und nicht die Ausnahme sein. Es reicht nicht, wenn die SPÖ hin und wieder eine neue Solaranlage eröffnet und dies im Vorwahlkampf abfeiert. Das macht Wien noch lange nicht zur Klimahauptstadt. Dazu braucht es wesentlich größere Anstrengungen: Alleine bis 2030 müssen fast 100.000 Anlagen errichtet werden, sonst sind die Klimaziele nicht erreichbar", so Klimasprecher Stefan Gara. Er fordert ein umfassendes Solarenergieausbauprogramm in Wien.