Politik

SPÖ-Urgestein Vranitzky für Ausländerwahlrecht

In einem Interview sieht Ex-Kanzler und SPÖ-Urgestein Franz Vranitzky die SPÖ in der tiefsten Krise überhaupt und regt ein Ausländerwahlrecht an.

Heute Redaktion
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"Eine so tiefe Krise habe ich in der SPÖ noch nicht erlebt", sagt Ex-Kanzler Vranitzky über die Situation der Roten gegenüber dem "Standard". Es fehle der SPÖ an einer verlässlichen Linie, sie sei von einem Unheil ins nächste geschlittert. Wie kurz zuvor auch Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil attestierte, hätten die Probleme laut Vranitzky 2016 begonnen, als der damalige Kanzler Werner Faymann beim 1.-Mai-Aufmarsch ausgebuht wurde.javascript:;

Nachfolger Christian Kern habe laut Vranitzky "hoffnungsvoll begonnen, ist dann aber in sich zusammengebrochen". Deswegen habe die nunmehrige Chefin Pamela Rendi-Wagner "riesige Schwierigkeiten schultern müssen". Als Ursache ortet Vranitzky, dass sich der einzelne Bürger in der SPÖ-Politik oft nicht mehr wiederfinden würde. "Die SPÖ muss auf diese Menschen zugehen, um die veränderte Welt zu erklären – und versuchen, sie mitzunehmen". so Vranitzky.

Wahlrecht ohne Staatsbürgerschaft

Außerdem dürfe die SPÖ Themen nicht einfach meiden, wenn man intern unterschiedlicher Auffassung dazu sei. Und vor allem dürfe man nicht nur auf Arbeitnehmer fokussieren, sondern auf Gruppen, "wo wenig Wohlfahrt anzutreffen ist". Gleichzeitig würde Vranitzky "der gesellschaftlichen Realität Rechnung zu tragen. Migranten, die viele Jahre hier arbeiten und Steuern zahlen, sollen auch ohne Staatsbürgerschaft das Wahlrecht erhalten", sagt er.

Vranitzky, der als Wegbereiter des EU-Beitritts Österreichs gilt, beantwortet im "Standard" auch, wie er zum aktuellen Zustand der EU steht. "Die Regierungschefs unterlassen es über lange Strecken, Europapolitik zu betreiben, sie machen in Brüssel lieber Innenpolitik: Sie einigen sich auf etwas, erfüllen die Verpflichtungen aber zu Hause nicht", sagt er. Deswegen könne ihm der Zustand der EU nicht gefallen.