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Christen fürchten sich vor weiteren Anschlägen

Bei einer Anschlagsserie in Sri Lanka starben mindestens 250 Menschen. Die Bevölkerung befürchtet jetzt weitere Attentate.

Heute Redaktion
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Bei einer verheerenden Anschlagsserie in Sri Lanka kamen mindestens 250 Menschen ums Leben, über 500 Personen wurden verletzt. Fast zeitgleich hatten sich am Vormittag des Ostersonntags vermutlich sieben Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Ziele waren drei Luxushotels sowie drei christliche Kirchen, in denen gerade Gottesdienst gefeiert wurde. Einige Stunden später gab es zwei weitere Anschläge in Vororten von Colombo.

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Laut den Ermittlern zeigten die untersuchten Leichenteile klar, dass es sich um Selbstmordanschläge handelte. Beim Anschlag auf ein Hotel seien zwei Attentäter beteiligt gewesen, bei jenen an den drei Kirchen und zwei weiteren Luxushotels jeweils einer, sagte ein Forensiker des Verteidigungsministeriums. Bislang wurden 24 Verdächtige festgenommen – laut Polizei alles Mitglieder einer "extremistischen Gruppe".

Große Angst vor weiteren Bomben

Die Einwohner Sri Lankas sind zutiefst erschüttert. Den Einsatzkräften boten sich Bilder des Schreckens. Die Hauptstadt gleiche einem Schlachtfeld, so Hotelmanager Anton (56) aus Colombo: "Es lagen viele Körperteile herum. Ganze Familien wurden zusammen in den Tod gerissen, weil sie gemeinsam in der Ostermesse waren." Auch der Katholik war am Sonntag mit seiner Frau in der Kirche. "Als wir um 9 Uhr von den Anschlägen hörten, eilten wir sofort nach Hause."

Insbesondere die Christen hätten große Angst vor weiteren Anschlägen, so Anton. Seine Frau werde nächsten Sonntag sicher nicht in die Kirche gehen: "Wir fragen uns, ob es noch mehr Bomben in den Kirchen gibt. Es wurden ja gezielt Christen getötet, darunter auch Kinder." Die Polizei sei immer noch daran, öffentliche Gebäude und Häuser nach möglichen weiteren Bomben zu durchsuchen.

Bisher hat sich niemand offiziell zu den Anschlägen bekannt: Laut der Regierung soll die einheimische Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) hinter den Angriffen stecken – offenbar mit internationaler Unterstützung. Für Anton ist klar: "Wenn es die NTJ war, hatte sie bestimmt Hilfe aus dem Ausland." Die Einheimischen hätten kaum Infos zur Täterschaft, weil die sozialen Medien noch zwei bis Tage gesperrt seien. Er begrüsse das. "Sonst gäbe es viele Gerüchte – und möglicherweise Panik wegen Falschmeldungen."

Sprengsatz und Zünder entdeckt

Die Angst vor weiteren Detonationen ist nicht unbegründet. Am Montag sprengte die Polizei in Colombo kontrolliert ein Auto, nachdem darin eine Bombe entdeckt worden war. Zudem wurden an einer Bushaltestelle 87 Zünder sichergestellt. Ein weiterer Mann wurde verhaftet. Bombenfund und Sprengung lösten in der Umgebung Panik aus, wie Videos in sozialen Medien zeigten. Zeugen berichteten auf Twitter, dass die Polizei den Festgenommenen vor einer aufgebrachten Menge schützen musste. Ein weiterer Anschlag in der Nähe des Flughafens von Colombo konnte offenbar bereits am Sonntagabend vereitelt werden. Laut der Polizei wurde dort eine selbst gebastelte Rohrbombe entschärft.

Die USA warnen in neuesten Reisehinweisen, dass die Anschläge in Sri Lanka weitergehen könnten. "Terroristische Gruppen planen weitere mögliche Angriffe", heißt es darin. Ziele könnten neben Hotels und Gebetshäusern auch andere Orte sein, an denen sich Touristen aufhalten, sowie Einkaufszentren und Verkehrsknotenpunkte.

Ausnahmezustand und Ausgangssperre

Sri Lankas Regierung rief am Montag den Ausnahmezustand aus. Dieser gelte ab Mitternacht (20.30 Uhr MESZ) und solle der Polizei und dem Militär ermöglichen, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Für die Nacht auf Dienstag gilt zudem erneut eine Ausgangssperre.

Unter den Toten sind, laut Polizeiangaben vom Montag, mindestens 35 Ausländer. Sie stammen unter anderem aus China, Japan, den USA, Dänemark und Portugal. Getötet wurde auch ein Ehepaar aus Bern, das dort einen Kiosk betrieben hatte und in Sri Lanka auf Reisen war. Unter den Opfern sind auch die Kinder des reichsten Mannes in Dänemark. (gux/rol)