Österreich

Stadt Wien verärgert über Ehe-Chaos und Verbote

Heute Redaktion
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Der Wiener Gleichstellungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) ist verärgert über neue Schikanen zur "Ehe für Alle". (c) EPA/PID
Der Wiener Gleichstellungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) ist verärgert über neue Schikanen zur "Ehe für Alle". (c) EPA/PID
Bild: zVg

Seit 1. Jänner gilt in Österreich die "Ehe für Alle". Doch fehlende konkrete Durchführungsbestimmungen führen bei Standesämter und Betroffenen zu Verwirrung, beklagt die Stadt.

Am 4. Dezember 2018 gab der Verfassungsgerichtshof (VfGH) grünes Licht für die "Ehe für alle", schon am Tag des Inkrafttretens, dem 1. Jänner, heiratete in Kärnten das erste gleichgeschlechtliche Paar – "Heute" hat berichtet. In Wien haben sich bisher 15 Homo-Paare das Ja-Wort gegeben, weitere 52 sind bereits angemeldet.

Während das Ja zur Home-Ehe bei vielen Jubel auslöste, sorgte der Entscheid bei Behörden und Standesämtern für Verwirrung. Grund sind die fehlenden konkreten Bestimmungen, wie die "Ehe für Alle" durchzuführen ist.

Schon im Vorjahr kritisierte die Stadt Wien die "Untätigkeit der Bundesregierung" und erarbeitete ihrerseits ein rechtliches Prozedere, wie das Standesamt Wien mit der "Ehe für Alle" umgehen soll. Dabei wurde auch betont, dass es das Restrisiko gebe, dass die Bundesregierung in den Durchführungsbestimmungen festlegen könne, bestimmte Ehen und Partnerschaften in Österreich trotzdem nicht zu schließen.

"Restrisiko" in bestimmten Bereichen eingetreten

Nun sei eben dieses Restrisiko in bestimmten Konstellationen eingetreten und das Prozedere der Stadt steht in manchen Bereichen im Gegensatz zu einer Mitteilung des Bundesministerium für Inneres. Da die Stadt nicht selbstständig, sondern im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, gelten die Anweisungen des Bundes. Heißt konkret: Die Regeln der Stadt sind ungültig, wenn der Bund etwas anderes vorschreibt. Und ebendies ist nun der Fall.

"Damit schafft die Bundesregierung Verwirrung, Chaos und weitere Eheverbote – bei den Betroffenen wie bei den Standesämtern in ganz Österreich", ärgern sich die SP-Stadträte Peter Hanke und Jürgen Czernohorszky.

Im Ausland geschlossene Ehen für Eingetragene Partnerschaften?

Betroffen sind im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen, die laut noch gültigen Durchführungsanleitung für die Standesämter in Österreich nicht als Ehen, sondern als Eingetragene Partnerschaften gelten. Dem widerspricht die Rechtsauffassung der Stadt, die auch im Ausland geschlossene Ehen als "Ehe" anerkennen würde. "Entsprechend des Erkenntnisses des VfGH stehen in der Rechtsmeinung der Stadt allen beide Rechtsinstitute offen", wird betont.

Für die Betroffenen ergeben sich dadurch zwei mögliche Szenarien: Einerseits könnte das homosexuelle Paar sich die bereits geschlossene Ehe in einem ersten Schritt als eingetragene Partnerschaft eintragen lassen und in Österreich erneut heiraten. Damit wäre das Paar zwar als Ehe eingetragen, jedoch erst mit dem Datum, an dem die Ehe in Österreich geschlossen wurde – das, obwohl das Paar de facto bereits seit Jahren verheiratet ist.

Im anderen Fall müsste das Standesamt einen negativen Bescheid ausstellen, der dann gerichtlich bekämpft werden müsste. Die Stadt Wien rät den Betroffenen, sich dies per Bescheid feststellen zu lassen und empfiehlt, diesen Bescheid dann gerichtlich zu bekämpfen, um endgültige Rechtssicherheit feststellen zu können.

Unklarheit auch bei bi-nationalen Ehen

Der zweite Fall betrifft gleichgeschlechtliche bi-nationale Ehen. Will zum Beispiel eine österreichische Staatsbürgerin eine russische Staatsbürgerin heiraten, könnte ein rechtliches Problem auftreten, etwa wenn im Herkunftsland (in diesem Fall Russland) einer Partnerin eine gleichgeschlechtliche Ehe rechtlich nicht vorgesehen oder gar verboten ist.

Laut Auffassung der Stadt Wien sei hier ein "ausreichender Inlandsbezug" entscheidend. Sei dieser gegeben, wäre das Schließen einer gleichgeschlechtlichen Ehe in Wien kein Problem. In der Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres werden die Standesämter aber verpflichtet, all jenen Personen keine Ehe zu erlauben, deren Heimatland keine gleichgeschlechtliche Ehe kennt und das ohne Ausnahme. Davon betroffen seien auch Österreicher, wenn ihre Partner aus eben diesen Herkunftsländern stammen.

Die Stadt rät den Betroffenen für diesen Fall, sich dies per Bescheid feststellen zu lassen und empfiehlt, diesen Bescheid dann gerichtlich zu bekämpfen, um endgültige Rechtssicherheit feststellen zu können.

"Bundesregierung schafft völlig unnötig Schikanen"

"Es ist völlig unverständlich, warum die Bundesregierung gleichgeschlechtlichen Paaren beim Zugang zur Ehe derartige Schikanen aufbaut. Die Bundesregierung muss endlich anerkennen, dass weitere Eheverbote unzulässig sind und den gleichgeschlechtlichen Paaren, die in Österreich leben und heiraten wollen, die Ehe gemäß dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ermöglichen", so Stadtrat Jürgen Czernohorszky.

Stadt bietet Betroffenen Beratung an

Für alle Betroffenen, die sich ob der unterschiedlichen Vorgaben nicht mehr auskennen, bietet die Stadt nun ein Beratungsservice an. Bei Unklarheiten oder anderen Fragen zur rechtlichen Umsetzung gleichgeschlechtlicher Ehen, können sich die Betroffenen jederzeit per E-Mail an [email protected] an die zuständige Magistratsabteilung 63 wenden.

Wiener Grüne kritisieren "unfassbare Schikane"

Massive Kritik am Bund äußerte auch der Sprecher der Grünen Andersrum Wien, Gemeinderat Peter Kraus: "Der VfGH hat die Ehe für alle mit Beginn 2019 entschieden. Die Regierung war so lange untätig, dass Standesämter lange Zeit nicht wussten, wie sie ab dem Jahresbeginn handeln sollen. Jetzt kommen aus dem Innenministerium Weisungen, dass die Ehe für alle nicht mit Bürgern aus Staaten geschlossen werden kann, die selbst keine Ehe für homosexuelle Paare akzeptiert. Das ist eine unfassbare Schikane, die so nicht hingenommen werden kann" (lok)