Politik

Stefan Petzner über die Todesnacht und eine Sterndeu...

Heute Redaktion
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Bild: Picturedesk

"Verstehen Sie jetzt, was ich damals gemeint habe?" An die alte, weise Frau, die mir diese Frage am anderen Ende der Leitung stellte, konnte ich mich genau erinnern. Sie stammte aus dem Raum Villach, und die Leute sagten ihr nach, einen sechsten Sinn zu besitzen und über das Mittel der Sternenkunde in die Zukunft blicken zu können.

"Verstehen Sie jetzt, was ich damals gemeint habe?" An die alte, weise Frau, die mir diese Frage am anderen Ende der Leitung stellte, konnte ich mich genau erinnern. Sie stammte aus dem Raum Villach, und die Leute sagten ihr nach, einen sechsten Sinn zu besitzen und über das Mittel der Sternenkunde in die Zukunft blicken zu können.

"Humbug", werden nun viele sagen. Dachte ich auch. Und doch übt das Übersinnliche, Mystische, Unerklärliche eine eigenartige Faszination aus. Ich gebe zu, auch auf mich. Also nahm ich mir zeitlebens vor, wenn ich durch Zufall je von einem Menschen erfahren sollte, dem diese Gabe nachgesagt wird, so würde ich ihn aufsuchen. Das tat ich, als ich mit 20 Jahren von dieser Frau erfuhr. Das einzige, was sie zuvor von mir wollte, waren Zeit, Ort und Datum der Geburt. Mehr nicht. Als ich zu ihr kam, sah sie mich nur an, bat mich, mich zu setzen, und begann zu erzählen. Alles.

Vergangenes aus meinen ersten zwanzig Lebensjahren, von dem ich niemandem je erzählt hatte. Große Geheimnisse. Tiefgründiges. Verborgenes. Und Kommendes. "Wollen Sie wissen, wann Sie sterben?", fragte sie, nachdem sie über eine Stunde lang mein Leben vor sich ausgebreitet hatte. Ich wollte. Sie sagte mir eine Zahl und fügte hinzu: "Halbes Jahr auf oder ab." Einige Zeit später, es war 2005 und ich war inzwischen vom Studenten zum Pressesprecher Jörg Haiders geworden, besuchte ich sie wieder. "Passen Sie auf", sagte sie, "Haider wird im Jahr 2009 nicht mehr Landeshauptmann sein!"

Ich wusste, dass 2009 Wahlen anstanden, und entgegnete: "Blödsinn! Die Gründung des BZÖ war zwar schwierig, aber Landeshauptmann von Kärnten wird Haider auch nach der nächsten Wahl sein!" "Ich darf Ihnen nicht mehr sagen, ich sage nur noch einmal: Haider wird 2009 nicht mehr Landeshauptmann sein!" Wenige Stunden, nachdem ich mitten in der Nacht erfahren hatte, dass Jörg Haider bei einem Autounfall verstorben war, blieb mir nun nicht mehr, als ihr zu antworten: "Ja, jetzt verstehe ich."

"Seine Zeit war abgelaufen. Eindeutig. Es tut mir leid, aber ich darf Ihnen den Tod eines anderen nicht sagen, nur Ihren eigenen. Deswegen wollte ich Sie anrufen." Seitdem weiß ich: Auch wenn wir verstanden haben, gibt es Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir niemals verstehen können.