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Steiermark: Bundes-SPÖ verwirrt und wütend

Heute Redaktion
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Bild: Picturedesk

Mit Tränen und brüchiger Stimme sagte Franz Voves (SP) gestern ade als Landeschef der Steiermark. Die VP führt die neue große Koalition an - obwohl sie nur Zweiter bei der Wahl wurde.

Mit Tränen und brüchiger Stimme sagte Franz Voves (SP) gestern ade als Landeschef der Steiermark. Die VP führt die neue große Koalition an – obwohl sie nur Zweiter bei der Wahl wurde. Die Reaktionen auf den Rücktritt aus der Partei fielen alles andere als erfreulich aus.

"Dass es nicht gelungen ist, die ÖVP davon zu überzeugen, dass der Erste den Landeshauptmann zu stellen hat, ist bedauerlich", so der rote Parteichef. "Aber ich stehe hinter den Entscheidungen, die eine Landesorganisation trifft." Auch andere SP-Chefs der Länder sind nicht erfreut. Der Vorarlberger Vorsitzende Michael Ritsch sprach von "ganz eigenartigen" Entwicklungen, ebenso wie der Kärntner Landesgeschäftsführer Daniel Fellner: "Da jetzt so die Hosen hinunterzulassen, steigert mein Verständnis nicht."

Auch der Wiener Bürgermeister hätte sich anders verhalten. Er sagte zu "Wien Heute": "Wir haben ein Problem mit den Wahlergebnissen. Das ist entscheidend bei der Geschichte. Die Schlüsse, die aus den Wahlergebnissen gezogen worden sind, sind nicht rasend toll. Glauben Sie mir, ich hätte es anders gemacht."

"Schöner Erfolg"

Anders sah das naturgemäß Vizekanzler Reinhold Mitterlehner: "Das ist ein großer Erfolg. Ich freue mich, dass sich Hermann Schützenhofer in den Verhandlungen durchgesetzt hat. Auf mich hat Franz Voves zuletzt leicht resignativ gewirkt."

"Fliegender Wechsel" auf Bundesebene

Grünen-Chefin Eva Glawischnig warf der ÖVP"politischen Skrupellosigkeit" vor. So soll die ÖVP der SPÖ "offenbar mit einem fixfertigen schwarz-blauen Paket konfrontiert, um ihr den Landeshauptmann-Sessel abzupressen". Auch für die Bundesebene hatte sie eine Theorie parat: Nach Glawischnig arbeite die ÖVP bereits an einer "Option des fliegenden Wechsels".

Glaubt man der aktuellen Berichterstattung, sind die rot-schwarzen Verliererzwillinge in der Steiermark wieder so...
— Mario Kunasek (@MarioKunasek)

FPÖ über Deal erbost

Während VP und SP den Pakt besiegelten, hielt der steirische FP-Chef Kunasek "eine Ausgrenzung der FPÖ und des einzigen Wahlsiegers für untragbar". Er postete im Web über "Verliererzwillinge".

"Rückzugsgefecht der Roten"

Politiologe P. Hajek: "Der Gedanke der SPÖ ist zwar wenig nachvollziehbar, aber vielleicht der letzte Ausweg. Trotz Voves-Rücktritt bleibt man in der Regierung, kann sich dort erholen, neu aufstellen. Und auch die Koalition im Bund wird durch diese Entscheidung in ruhigeres Fahrwasser kommen."

"Steirer-SP hat sich aufgegeben"

Politologe T. Hofer: "Die steirische SP hat sich mit diesem "Deal" aufgegeben, droht, zwischen Verhandlungssieger VP und Wahlsieger FP unterzugehen. Rot-Blau-Fans wittern Morgenluft. Sie werden verlangen, sich von der VP nicht länger erpressen zu lassen. Der Druck auf den Kanzler steigt."

Tagelange war es still, seit gestern weiß man: Es war Ruhe vor dem Sturm. In der Steiermark drehen sich die Machtverhältnisse um. SP und VP (zusammen minus 18 % bei der Wahl) bleiben zwar "Reformpartner" – aber mit der ÖVP an der Spitze! Der Poker hinter den Kulissen – wohl eiskalt. Vize Schützenhöfer (VP) hatte Landeschef Voves vor die Wahl gestellt: Entweder ich mache Schwarz- Blau, oder ihr schenkt mir den Landeshauptmann.
Voves knickte ein (wohl aus Angst, in Opposition zu müssen). Gestern der Abschied live im ORF. Fans der Telenovela "Tessa – Leben für die Liebe", die der Sender kurzfristig aus dem Programm kippte, wurden emotional entschädigt. Erst redete Voves (unterdrückte Tränen), dann Schützenhöfer ("Landeshauptmann war in meinem Lebenslauf gar nicht mehr vorgesehen."). Schließlich umarmten sich die beiden – obwohl die VP dem Partner zuvor das Messer an die Brust gesetzt hatte.
Voves beim Abgang: "Gut, dass jetzt meine Enkerl mehr haben werden von mir." Die steirische SPÖ wird nun völlig umgebaut. 70 von 74 SPÖlern stimmten dem zu. Voves’ Nachfolger ist der erst 35-jährige Michael Schickhofer, der nun Vize wird. Zurück in der Steiermark ist SP-EU-Abgeordneter Leichtfried als Verkehrslandesrat. Die Bundes-SP? Baff. "Bedauerlich", nennt Kanzler Faymann die Entscheidung.