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Stöger über Austria: "Mir geht es beschissen"

Peter Stöger verlässt die Austria. In einem Interview begründet er den Schritt, übt Kritik und erklärt offen, wie es ihm nun geht.

Sebastian Klein
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Peter Stöger
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Die Wiener Austria bangt um ihr Fortbestehen in der Bundesliga. Die Lizenz wurde ihr in erster Instanz verweigert. Jetzt haben die Veilchen bis Mittwoch Zeit, um sieben Millionen Euro aufzustellen. Die Details dazu hier.

Einer, der nächste Saison bestimmt nicht mehr dabei ist, unabhängig vom Ausgang des Lizenzierungsverfahrens, ist Peter Stöger. Der Sportvorstand und Trainer hat sich entschieden, seinen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Er sprach von fehlender Perspektive, finde sich im Konstrukt des neuen Investors Insignia nicht wieder.

In der ORF-Sendung "Sport am Sonntag" ging Stöger nun ins Detail, erklärte die Beweggründe für seinen Abschied.

Stöger erklärt Aus

Stöger: "Aber die sportliche Zielsetzung darf nicht zu weit von dem entfernt sein, was realistisch ist." Die Insignia-Group kündigte bei der Vorstellung im Frühjahr großspurig an, die Austria zu einem der größten Klubs Europas zu machen. Die Worte Champions League und Titel fielen. Für den scheidenden Coach passen diese Ansprüche nicht mit der Situation am Verteilerkreis zusammen. 

Stöger: "Ich glaube, dass man vielleicht das zu oft gedacht hat im Austria-Umfeld, dass eine Bundesliga ohne Austria nicht vorstellbar ist. Von den alten Erfolgen lebt man jetzt noch. Das hat man jetzt im Kopf, was vor 20 Jahren war." Über einen längeren Zeitraum seien falsche Entscheidungen getroffen worden.

Nun seien auch im sportlichen Bereich Einsparungen im Fokus gestanden, um den finanziellen Fortbestand zu sichern. "Es war nicht Austria-Style, aber es war wenigstens heuer so, dass wir junge Spieler eingebaut haben. Das ist der Status quo. Aber es ist von der Personalplanung in allen Bereichen in vielen Bereichen nicht alles richtig gemacht worden."

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    Die Austria-Saison 2020/21 in Bildern
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    Der Meistertrainer von 2013 ging ins Detail: "Wir haben heuer einen siebenstelligen Betrag bei der Mannschaft eingespart. Wir haben erfahrene Bundesligaspieler herbekommen. Das funktioniert schon. Die Spieler, die hergekommen sind, sind budgetär unter dem, was vorher war. Teils, weil sie mit mir arbeiten wollten und weil die Austria einen Reiz hat." Diesen Reiz werde der Klub auch behalten. Aber, man müsse die eigene Erwartungshaltung korrigieren.

    Ob die Austria jetzt nur Mittelmaß sei? "Ist man doch, es will sich nur nie jemand eingestehen. Natürlich kann das funktionieren, dass man mit den Möglichkeiten unter die ersten sechs kommt. Wattens hat es auch geschafft. Bei der Austria ist halt immer die Situation, dass vieles hinterfragt wird. Du bist permanent damit beschäftigt, dass alles nicht genug ist. Das beschäftigt auch die Spieler.

    Stöger geht es "beschissen"

    Offen reagierte der 55-Jährige auf die Frage, wie es ihm nun angesichts der Situation bei der Austria und dem bevorstehenden Abschied gehe: "Beschissen. Es ist ganz einfach so. Ich habe zwei Jahre versucht, in allen Bereichen, in denen es möglich ist, zu sensibilisieren. Es war eine intensive Zeit. Ich hab dann entschieden, auch das Traineramt mitzumachen, auch von der Wirtschaftlichkeit her. Es war aber auch schwer, Trainerkandidaten Perspektive zu bieten. Es hat mir auch gutgetan. Es hat mir Spaß gemacht, mit den Jungs zu arbeiten. Die haben mich aus dieser Negativ-Spirale herausgebracht."

    Ob es ihm schon vorher klar war, dass die Austria die Lizenz nicht erhalten würde? "Nein, war nicht klar. Es war so nicht zu erwarten. Dass alles knapp ist, war schon allen klar. Die Entscheidung war nicht von heute auf morgen. Es geht darum, eine Ausgewogenheit zwischen sportlichem Anspruch und Wirtschaftlichkeit herzustellen."

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      Die größten Austria-Spieler aller Zeiten
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      Kritik auch an Legenden

      Stöger wolle keinen einzelnen Personen die Schuld an der Misere geben: "Es auf Namen zu reduzieren, ist zu einfach. Klar ist, dass Leute länger dabei sind, andere dazwischen weg waren. Dass einige ihre Leistung nicht gebracht haben." Und: "Ich bin niemandem böse und hab mit niemandem ein Problem. Ich habe absolute Wertschätzung. Meine Entscheidung hat auch nichts damit zu tun, dass ich leer bin. ich bin voller Tatendrang. Aber es ist halt wichtig, und ich habe versucht, darauf hinzuweisen, dass man irgendeine Balance in einem Bereich braucht. Und die habe ich nicht gesehen."

      Zuletzt meldeten sich Vereins-Ikonen zu Wort, kritisierten den Klub und seine Entscheidungsträger scharf. Stöger könne ihren Unmut verstehen: "Manches ist legitim. Manches würde ich in der Form nicht sagen." Toni Polster griff beispielsweise AG-Boss Markus Kraetschmer direkt an und forderte dessen Aus. Stöger: "Vieles kann man nicht mehr mit dem vergleichen, was früher war. Der Verein ist unglaublich groß geworden im Denken und mit den Rahmenbedinungen – vom Stadion bis zu den Trainingsmöglichkeiten. Da ist vieles passiert, aber das ist auch Teil des Problems."

      Der Wiener kam immer wieder auf die zu hohe Erwartungshaltung im Klub zurück. Besonders schmerzen wird die Fans sein Vergleich mit dem Rivalen: "Bei Rapid klappt das sportlich in diesem Konstrukt besser, so ehrlich muss man sein. Mit einem gewissen Maß an Demut."

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