Österreich-News

Strafe statt Hilfe: Parlamentsanfrage an Nehammer

Nach dem "Heute"-Bericht über eine Wienerin, die von Polizeibeamten angeschrien und gestraft wurde, gibt es nun eine parlamentarische Anfrage.

Amra Duric
Teilen
ÖVP-Innenminister Karl Nehammer.
ÖVP-Innenminister Karl Nehammer.
Bild: picturedesk.com

In den frühen Abendstunden eskalierte in der Wohnung von Wienerin Sarah H. (Name geändert) die Situation. "Mein Mann war betrunken und aggressiv und ging auf meine Freundin los", sagte die 37-Jährige, wie berichtet, im Gespräch mit "Heute".

Sarah H. nahm daraufhin dem Mann die Wohnungsschlüssel ab. "Ich habe ihm gesagt er soll die Wohnung verlassen. Er hat aber nur gelacht und gesagt er ruft die Polizei, wenn ich ihm die Schlüssel nicht gebe." Kurz darauf rückten die Beamten an. "Ich war froh, als die Polizei da war, weil ich dachte sie helfen mir." Doch statt zu helfen, wurde die 37-Jährige angeschrien und schließlich zu einer 200 Euro Strafe verdonnert.

Polizist entschuldigte sich bei Mann

Den ganzen Polizeieinsatz hat Sarah H. aufgenommen. "Wir haben Angst, die Kinder sind wirklich gestresst", ist auf dem Tonband zu hören, das "Heute" vorliegt. Als Sarah den Beamten erklärt, dass auch ihre große Tochter bezeugen kann, was der Mann sagt und tut, erklärt die Polizei: "Schauen Sie, mir ist egal ob er trinkt, ob er schreit oder sonst irgendwas macht. Was soll ich jetzt tun. Sie sind erwachsene Menschen."

Anwältin Aleksandra Fux mit Mandantin Sarah H.
Anwältin Aleksandra Fux mit Mandantin Sarah H.
Sabine Hertel

Immer wieder sagt Sarah, sie hat Angst. Die Polizei schlägt schließlich vor, dass sie mit ihren Kindern in einem Teil der "riesigen Wohnung" bleiben kann und der Mann in einem anderen. Zwischendurch fragen die Polizisten den Mann, ob er doch nicht woanders übernachten könnte, "weil ich würd das auch nicht aushalten". Nach rund 20 Minuten verlässt die Polizei die Wohnung. Beim Gehen sagt ein Beamter zum Mann: "Tut mir leid." Sarah H. hat nun eine Strafe erhalten, weil sie die Polizisten als "blöd" und "inkompetent" bezeichnet haben soll. Auf der ungeschnittenen Aufnahme ist das nicht zu hören.

Sarahs Anwältin, Aleksandra Fux, hat Einspruch eingelegt und bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Amtsmissbrauchs eingebracht. Die Polizei untersucht den Fall.

Meri Disoski, stv. Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen
Meri Disoski, stv. Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen
Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com

Parlamentarische Anfrage an Nehammer

Die stv. Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, hat nun eine parlamentarische Anfrage an das Innenministerium gestellt. "Eine Frau wendet sich hilfesuchend an die Polizei, sie hat Angst vor ihrem aggressiven, alkoholisierten Ehemann und bittet die Beamten mehrfach, Maßnahmen zum Schutz ihrer Kinder und zu ihrem eigenen Schutz zu ergreifen. Eine Tonbandaufnahme des entsprechenden Einsatzes zeugt von einem untragbaren Umgang der Polizisten mit der Situation. Statt zu helfen, betreiben die Beamten Täter-Opfer-Umkehr und misogynes Victim-Blaming. Sie offenbaren ihr mangelhaftes Wissen über Gewaltdynamiken und erkennen die Gefährlichkeit der Trennungssituation nicht. Sie verabsäumen es, Gewaltschutzmaßnahmen zu setzen", so Disoski.

"Eine solche inadäquate Einschätzung des Gefährdungspotenzials durch Beamte kann für Frauen und ihre Kinder im Extremfall lebensgefährlich sein. Das Verhalten der Beamten ist untragbar und schockiert mich. Ich habe deshalb zu diesem Vorfall eine parlamentarische Anfrage an den zuständigen Innenminister Karl Nehammer gestellt."

Hilfe für Betroffene
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20