Trotz neunstündiger Verhandlungen konnten sich am Freitag die Vertreter von Gewerkschaft und Arbeitgebern erneut auf keine Gehaltserhöhung für die rund 450.000 Beschäftigten im Handel einigen. Die Proteste gehen daher weiter, allerdings mit einer neuen Taktik. Ab heute werden nicht mehr einzelne Geschäfte sondern ganze Gewerbeparks bestreikt.
So werden jeweils ab 7:30 Uhr Streiks im Einkaufszentrum Shopping Nord in Graz und im Gewerbepark Ansfelden (Oberösterreich) durchgeführt. Das kündigte die Gewerkschaft GPA am Sonntag auf Anfrage der APA an. In Graz kommt es in der Früh auch zu Aktionen auf der Wiener- und Weinzöttlstraße. Die Proteste sollen maximal drei Stunden dauern. Wien und St. Pölten stehen am Dienstag auf dem Programm, Salzburg am Donnerstag.
Dabei sah es am Freitag schon fast nach einer Einigung aus. Zuletzt hatte die Gewerkschaft sozial gestaffelte Abschlüsse in der Größenordnung zwischen +8,58 Prozent und +9,38 Prozent vorgeschlagen. Das hätte im Schnitt ein Plus von 8,96 Prozent bedeutet, während für die Arbeitgeberseite maximal +8,2 Prozent "vorstellbar gewesen" wären.
"Der Produktivitätszuwachs im Handel ist negativ. Wir werden heuer rund ein reales Minus von etwa 3,6 Prozentpunkten haben. Es ist im Handel extrem schwierig. Wir kommen aus der Krisensituation der Coronazeit, sind dann in diese Teuerungskrise gekommen und da zählt jedes Zehntel Prozentpunkt. Deshalb ist das ein ganz schwerer Prozess", erklärt Rainer Trefelik, Chefverhandler der Arbeitgeberseite, im Ö1-"Morgenjournal".
Eine Mitschuld am Scheitern der Gespräche gibt die Gewerkschaft einer Spaltung innerhalb der Arbeitgeberschaft. So soll es einige "Hardliner" geben, die um jeden Preis einen Abschluss über dem aktuellen Gebot verhindern wollen. Große Handelsunternehmen wie Rewe und Spar hätten hingegen bereits Kompromissbereitschaft bekundet.
Dennoch gibt die Gewerkschaft die Hoffnung auf einen Weihnachtsfrieden nicht auf. "Die vielen Unternehmen im Handel wollen wirklich für die Beschäftigten im Handel einen Gehaltsabschluss und wollen, dass jeder das Weihnachtsfest auch gut verbringen kann – und dazu braucht es einen Termin, damit man auch diesen Abschluss, so wie es viele Branchen schon getan haben, zu einem guten Ende bringen kann", so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger zum ORF.
Doch Trefelik winkt vorerst ab: "Beide Seiten waren am Freitag der Meinung, dass es in dieser Woche keinen Sinn mehr macht. Eine Phase des Abkühlens, des Nachdenkens, des neu Bewertens, ist ratsam. Danach sollten wir uns zusammensetzen, den Weihnachtssprit mitnehmen ... ob noch vor Silvester oder erst im neuen Jahr? Das ist offen, da bin ich zu allem bereit."