Gesundheit

Studie zeigt: Diese Aufgaben kommen bei Pflege zu kurz 

Studie: 84 Prozent des Pflegepersonals müssen notwendige Tätigkeiten im Krankenhaus weglassen. Das hat Auswirkungen auf Patienten und Betreuer.

Sabine Primes
Aufgrund von Personalmangel kommen viele Tätigkeiten, die auch zum Pflegeberuf gehören, zu kurz. Etwa emotionale Unterstützung.
Aufgrund von Personalmangel kommen viele Tätigkeiten, die auch zum Pflegeberuf gehören, zu kurz. Etwa emotionale Unterstützung.
Getty Images/iStockphoto

Österreich hat eine der höchsten Krankenhausbettendichten in Europa. Dem gegenüber steht aber eine geringe Anzahl von Pflegepersonen pro Krankenhausbett. Ob diese Situation sich auch in einer mangelnden Patientenversorgung niederschlägt, wurde im Rahmen der Studie MISSCARE Austria der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems untersucht. Die Pflegewissenschaftlerinnen befragten dazu über 1.000 Pflegepersonen auf Allgemeinstationen in österreichischen Krankenhäusern.

Missed Nursing Care (MNC)

Die Ergebnisse der Studie bestätigten die Annahme, dass die Versorgung nur unvollständig durchgeführt werden kann: 84 Prozent der befragten Pflegepersonen geben an, dass sie und/oder ihr Team mindestens eine der für die Patientenversorgung notwendigen Interventionen rationieren. Diese Rationierung von Tätigkeiten wird Missed Nursing Care (MNC) genannt. Es betrifft vor allem Pflegetätigkeiten, die zum Kernkompetenzbereich der Pflegeberufe gehören. Häufig weggelassen werden z.B.: Emotionale Unterstützung (67,5 Prozent) Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen (60,6 Prozent) Überwachung von kognitiv beeinträchtigten Patienten (48,4 Prozent) Beratung und Schulung zur Entlassung (48,1 Prozent) Mobilisieren der Patienten (47,6 Prozent). Aber auch das zeitnahe Reagieren auf die Glocke (39,2 Prozent), das zeitgerechte Verabreichen von Medikamenten (27,6 Prozent) oder das Messen von Vitalparametern (26,5 Prozent) bleibt öfters auf der Strecke.

Drei Viertel denken ans Kündigen

Die Gründe für MNC sind laut den Autoren einerseits Personalmangel, nur 3,6 Prozent gaben an, in den vergangenen drei Monaten immer angemessen besetzt gewesen zu sein. Aber auch Zeitnot und Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit führten zu qualitativ schlechterer Pflege. Während das Personal unzufrieden ist und zu fast drei Vierteln daran denkt, den Beruf zu verlassen, führe MNC laut internationalen Studien auch zu höheren Sterberaten, betonte Studienautorin Ana Cartaxo. Durch die Defizite bei der Pflege gäbe es etwa mehr Infektionen, Stürze, Wundliegen und postoperative Komplikationen.

Was die Personalsituation betrifft, würden laut Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV) derzeit 7.800 Köpfe fehlen. Das Verhältnis Pfleger zu Patient liegt in Österreich tagsüber bei 1:15 und nachts bei 1:22 – und damit deutlich höher als im internationalen Vergleich, führte Cartaxo aus.

Das Personalproblem & die Patientensicherheit

Erhoben wurde auch die Angemessenheit der Pflegepersonalbesetzung. Nur 3,6 Prozent der Befragten gaben an, dass diese in den vergangenen 3 Monaten auf ihrer Station immer gegeben war. Bei 50,4 Prozent war die Personalbesetzung selten angemessen und bei 17,4  Prozent nie. Im Rahmen der Befragung gaben auch 74,6 Prozent der Teilnehmer an daran zu denken, den Pflegeberuf zu verlassen. "Die eindeutigen Zusammenhänge zwischen dem Weglassen grundsätzlich notwendiger Pflegeversorgung, fehlender Pflegepersonalressourcen, geringer Arbeitszufriedenheit und der Absicht von Pflegepersonen, den Pflegeberuf zu verlassen, sollen nun Konsequenzen für pflegewissenschaftliche Forschung in Österreich und für die weitere Entwicklung der Rolle professioneller Pflege nach sich ziehen", resümiert Studienautorin Ana Cartaxo. Letzten Endes führt Missed Nursing Care (MNC) auch zur Minderung der Patientensicherheit.