Wirtschaft

"Ein Problem" – jetzt geht es Teilzeit-Jobs an den Krag

Arbeitsminister Martin Kocher denkt laut über Änderungen bei Sozialleistungen für Teilzeit-Arbeitende nach. Eine Expertin gibt ihm nun recht.

Michael Rauhofer-Redl
Beim AMS werden auch Teilzeit-Stellen ausgeschrieben. Minister Kocher will sie nun schlechter stellen.
Beim AMS werden auch Teilzeit-Stellen ausgeschrieben. Minister Kocher will sie nun schlechter stellen.
Daniel Scharinger/Helmut Graf/picturedesk.com ("Heute"-Montage)

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) trat zuletzt eine Debatte über Sozialleistungen für Teilzeitbeschäftigte los. Geht es nach dem Politiker, so könnte es in Zukunft weniger Sozialleistungen für Menschen geben, die freiwillig auf eine Vollzeitstelle verzichten. In der Lesart des Ministers geht es primär darum, Vollzeit-Jobs zu stärken. Es brauche einen "noch treffsicheren Einsatz von Sozialleistungen", betonte Kocher. Und weiter: Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten würden, dann gebe es für den Staat weniger Grund, Sozialleistungen zu bezahlen.

Im Video ein ZIB2-Beitrag zum Thema vom 14. Februar 2023

Für Empörung sorgte der Vorstoß nicht nur bei der oppositionsnahen Organisationen und in der Kulturszene – Star-Kabarettist Lukas Resetarits wetterte via Twitter wild gegen den Minister – auch der grüne Koalitionspartner zeigte sich wenig erfreut über die Aussagen Kochers. Die Regierung wolle die Armut halbieren und nicht die Sozialleistung, ließen die Grünen der ÖVP öffentlich ausrichten. 

Expertin sieht richtigen Zeitpunkt für Debatte

Zustimmung für Kocher gibt es nur aus der Wirtschaft. Auch die Ökonomin und Direktorin des liberalen Forschungsinstituts Eco-Austria Monika Köppl-Turyna zeigte sich am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal nicht abgeneigt. Sie spricht von einer wichtigen Diskussion, die auch zum richtigen Zeitpunkt komme. Denn aktuell gebe es einerseits viele freie Stellen zu besetzen, andererseits sei man auch mit "dynamischen Entwicklungen der Ausgaben im Sozial- und vor allem auch im Pensionssystems" konfrontiert.  

Hier stelle sich die Frage der Finanzierung. Ausgeprägte Teilzeitarbeit führe dazu, dass es zusehends schwieriger werde, das System zu finanzieren. Experten kritisieren, dass Teilzeit-Arbeitende in gewissen Elementen Vollzeit-Arbeitenden besser gestellt sein. Köppl-Turyna nennt etwa die Befreiung eines Teils bei der Arbeitslosenversicherung oder die Ausweitung der Negativsteuern als Elemente, die dazu führen, dass Menschen "taktieren". Würde man an diesen Schrauben drehen, würde man mehr Menschen in Vollzeitjobs bringen, ist die Ökonomin überzeugt. 

Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna hält den Zeitpunkt für die Teilzeit-Debatte für richtig.
Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna hält den Zeitpunkt für die Teilzeit-Debatte für richtig.
Juerg Christandl / KURIER / picturedesk.com

Freiwillige Stundenreduktion als "Problem"

In der Teilzeitdebatte unterscheidet die Expertin zwischen Müttern, die aus der Arbeitslosigkeit in Teilzeitbeschäftigung gekommen sind als "positive Entwicklung" und einem neuen Trend, wonach Menschen Arbeitsstunden bewusst reduzieren. Das führe zu einer Situation, dass das Arbeitsvolumen in den vergangenen Jahren annähernd gleich geblieben sei, diese aber nur von mehr Personen geleistet würde – die Folge ist der Arbeitskräftemangel. Den Trend zur Stundenreduktion nennt Köppl-Turyna ein "Problem", eben auch für die Finanzierung des Pensionssystems. 

Das Problem sei allerdings nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein individuelles. Denn vielen Arbeitnehmern sei womöglich nicht bewusst, was es für die eigene Pension bedeutet, wenn man über Jahre hinweg nur Teilzeit gearbeitet haben wird. Die Entscheidung zur "Freiwilligkeit" der Teilzeitarbeit werde immer in einem Kontext getroffen, führt die Expertin aus. Ein Element sei wie besprochen das Steuer- und Abgabesystem. Es gehe aber auch um Strukturen, in denen es Frauen auch möglich ist, eine Vollzeitstelle anzunehmen. 

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APA-Grafik / picturedesk.com
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