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The Walking Dead: A New Frontier im Test

The Walking Dead: The Telltale Series liefert mit A New Frontier Spiele.Episoden, die die TV-Serie in den Schatten stellen.

Heute Redaktion
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Als Auftakt zur neuen Walking-Dead-Spieleserie erschien die Doppelfolge "Episode One: Ties That Bind Part I" und "Episode Two: Ties That Bind Part II" zum Download auf Steam, für Xbox One und PlayStation 4 sowie iOS und Android. Wir testen die Serie und geben unseren Eindruck der einzelnen Episoden.

Wie zuletzt Batman und die vorangegangenen Walking-Dead-Abenteuer erschien auch A New Frontier episodenweise. Und das funktioniert besser denn je. Als die siebte TV-Staffel von "The Walking Dead" Anfang Dezember so wenig Zuschauer wie seit vier Jahren nicht mehr vor die Bildschirme lockte, war die Ernüchterung groß. Zwar schauten noch immer über zehn Millionen US-Fans zu; doch gemessen an den hohen Erwartungen an die Blockbuster-Serie ist das eher wenig.

Kommt dazu, dass sich auch die inhaltliche Kritik mehrt: Zu vorhersehbar, zu sadistisch und zu konventionell ist die Zombie-Show für viele Fans der ersten Stunde geworden. Ein klassischer Fall von einer TV-Serie, die es verpasst hat, im richtigen Moment einen Schlussstrich zu ziehen, lautet die Kritik. Hochs und Tiefs kennen auch Gamer mit der Telltale-Serie "The Walking Dead". Während die Umsetzung der ersten Staffel für viele bis heute ein echter Klassiker war, enttäuschte etwa der folgende Shooter "The Walking Dead: Survival Instinct" (2013, Activision) mit seinen vielen technischen und dramaturgischen Schwächen.

Gelungenes Comeback

Auch die zweite Staffel des von Episoden-Spezialist Telltale Games produzierten Abenteuers sorgte für gemischte Gefühle. Nun ist mit "The Walking Dead: A New Frontier" die komplette dritte Staffel der Game-Umsetzung erschienen – ein neues Abenteuer, das ein gelungenes Comeback einläutet. Denn man merkt, dass sich das kalifornische Studio diesmal mehr Zeit gelassen hat.

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Die neue Season besteht aus insgesamt fünf Episoden, die etwas kürzer als die bisherigen Untoten-Folgen sind. Dafür sind sie um einiges schneller, und vor allem: viel besser erzählt. A New Frontier beginnt vier Jahre nach dem Ausbruch der Zombie-Epidemie. Als Spieler schlüpft man in die Rolle von Ex-Baseball-Star Javier Garcia, der seiner Familie das Überleben sichern will. Dabei trifft er auf Clementine, die Spieler bereits aus den beiden anderen Staffeln kennen.

Entscheidungen über Leben und Tod

Zusammen müssen Javier und Clementine Entscheidungen über Leben und Tod fällen. Als wichtigste neue Figur entpuppt sich dabei der tief gefallene Sportstar. Er ist der Protagonist und alles andere als ein leicht durchschaubarer Charakter. Durch Rückblenden erfährt man zudem, warum Clementine nur noch schwer Vertrauen in andere Menschen fasst – und wieso die junge Frau so verbittert ist.

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Gleichzeitig zwingt die Handlung sie in eine brisante Allianz mit Javier, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird. Die Stärke des Spiels sind diesmal – neben der tollen grafischen Umsetzung – die Dialoge. Sie beeinflussen die Beziehungen zwischen den Figuren und haben Konsequenzen für die Handlung. Dabei kommt es nicht immer so heraus, wie man es erwartet, was dem Game im Gegensatz zur TV-Serie eine gewisse Unvorhersehbarkeit verleiht.

Technisch saubere Umsetzung

Auch die Actionsequenzen sind technisch gut umgesetzt. Was die Geschichte angeht, gibt es in den ersten Folgen von A New Frontier durchaus ein paar Höhepunkte – und einen Cliffhanger mit genau jener emotionalen Qualität, die viele Zuschauer in der Serie schon seit längerem vermissen. Genial sind auch die Rückblenden auf vergangene Geschehnisse, die für zusätzliche erzählerische Tiefe sorgen.

Auch wenn das neue Telltale-Game in gewohnter Manier wenig spielerische Freiheit lässt und den Nutzer eher zum interaktiven Zuschauer macht, gelingt dies besser als jemals zuvor. Bekannte Charaktere wie Clementine wurden gekonnt weiterentwickelt, neue Figuren wie Javier passen sich in die schicksalhafte Welt gut ein. Und nie zuvor hat man eigene Entscheidungen so schmerzhaft treffen müssen, wie sie das Spiel von einem abverlangt.

Episode 3

Nach dem Cliffhanger aus Episode zwei musste man gut drei Monate auf die dritte Folge "Über dem Gesetz" warten. Die Geschichte zerrt dafür in der neuen Folge umso mehr an den Nerven. Einerseits ist die behelfsmäßig erbaute Stadt Richmond eine Zuflucht für unsere Gruppe vor der Zombie-Herde, andererseits trifft man hier auf Menschen, die für den Tod geliebter Gruppenmitglieder verantwortlich sind. Die Spannung wurde gut aufgebaut, in Episode 3 ist sie nervenzerfetzend.

Quelle: YouTube

Zudem gesellen sich noch mehr Plot-Twists und Andeutungen hinzu. Zwar nicht zu viele, als dass man die Übersicht verliert, aber genug, um den bisherigen Verlauf der Story gehörig anzuzweifeln. Verbündete scheinen dunkle Geheimnisse zu verbergen, Kameraden ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Auch der Spielspaß verlängert sich, für diese Episode benötigt man fast zwei Stunden - diese vergehen wie im Flug. Eines zeigt sich schon jetzt: Das Finale in den beiden letzten Folgen wird nicht nur actionreich, sondern auch für Tränen sorgen. Nicht, weil es schlecht wird, sondern weil man mit den Charakteren emotional stark verbunden ist.

Episode 4

Auch wenn es immer schwieriger wird, ohne Spoiler auszukommen, möchten wir es versuchen. In Episode 4 "Dicker als Wasser" wurde das Geheimnis von New Frontier endlich aufgedeckt und eine Hetzjagd auf unsere Überlebenden-Gruppe beginnt. Erstmals gibt es auch überraschend viel Gameplay, das sich allerdings auf die Suche nach Gegenständen beschränkt. "Überraschend viel" muss hierbei in Telltale-Verhältnissen gesehen werden, wo der Spieler meist nur Zuschauer ist.

Auch wenn Episode 4 den Spieler mit immer dramatischeren Entscheidungen auf das Finale vorbereitet, kommt etwas Grübeln auf. Zwar sind die Entscheidungen in der Theorie weltbewegend, im Spiel haben sie aber scheinbar immer weniger Auswirkungen auf den Fortgang der Geschichte. Am Ende von Episode 4 wartet übrigens ein Cliffhanger, der einer der besten aller bisherigen Telltale-Spiele ist. Wer soweit gelangt ist, für den ist das Finale ein Muss.

Das große Finale

Mit dem Erscheinen des großen Finales geht auch A New Frontier zu Ende. Die Befürchtungen waren da, dass das Finale wie im Falle des Batman-Abenteuers etwas schwächelt. Dem ist aber zum Glück nicht der Fall, ganz im Gegenteil. Die fünfte Episode legt die Messlatte für tolles Storytelling noch einmal höher und lässt den Spieler keine Sekunde verschnaufen. Für Spannung sorgt, dass es keine "richtigen" Entscheidungen mehr zu geben scheint. Jede Auswahlmöglichkeit schmerzt, mit jeder Entscheidung verletzten wir liebgewonnene Mitstreiter.

Schön ist, dass keine Handlungsstränge offen bleiben. Telltale führt die ganzen kleinen Geschichten zu einem großen Ende, an dem sogar etwas Hoffnung nach all dem Tod und Verderben aufkeimt. Was passiert, ist allerdings nicht leicht zu verdauen und der Spieler muss damit fertig werden, Mitstreiter sterben zu sehen – möglicherweise sogar dafür verantwortlich zu sein. Das geht nahe, und berührt mehr, als es die TV-Serie je getan hat. (rfi)