Wohnen

"Animal Hording" – was ist das eigentlich?

Erst vergangene Woche wurde ein erneuter Fall von "Animal-Hording" in Hamburg aufgedeckt. Über 100, verwahrloste Tiere wurden aus einem Haus befreit.

Christine Kaltenecker
Immer mehr Fälle von "Animal-Hording" werden auch in Österreich und Deutschland aufgedeckt. Doch was steckt dahinter?
Immer mehr Fälle von "Animal-Hording" werden auch in Österreich und Deutschland aufgedeckt. Doch was steckt dahinter?
YAMIL LAGE©Picturedesk, Symbolbild

"Animal-Hording" zu deutsch: das Horten von Haustieren macht beinahe monatlich Schlagzeilen. Erst kürzlich wurden wieder über 100 Tiere aus einem Haus in Hamburg gerettet. Der Zustand der Tiere war mehr als bedenklich und sie lebten in ihren eigenen Exkrementen. Doch was veranlasst einen Menschen, immer mehr und mehr Tiere aufzunehmen, denen er früher oder später nicht mehr gewachsen ist?

Psychologen gehen bei den sogenannten "Tier-Messis" davon aus, dass es sich auch hier um ein krankhaftes Sammeln von Tieren handelt. "Messis" an sich, heben ja alles auf - können nichts wegwerfen - und die Wohnungen gleichen einer Mülldeponie. Solche Menschen leiden (auch) unter einer Störung der Wertbeimessung. Eine leere Klopapierrolle wird als genauso wertvoll angesehen, wie ein Goldketterl. Bei den "Animal-Hordern" wird allgemein zwischen zumindest drei Gruppen unterschieden:

1
Der Pflegertyp

Ob man es glaubt, oder nicht: "Pflegertypen" haben eine enge Beziehung zu den Tieren und möchten sich aufrichtig und liebevoll um sie kümmern. Sie können aber nicht "nein" sagen, wenn ihnen ein Tier angeboten wird und so geht Schritt für Schritt die Kontrolle über die Verantwortung verloren. Meistens fehlt es nämlich bald am notwendigen Kleingeld um jedes Tier kastrieren zu lassen und so vermehren sich die Tiere im eigenen Haushalt und die Menschen verwahrlosen mit den Haustieren. Den "Pflegertypen" ist auch bewusst, dass sie ein Problem haben - können aber nichts dagegen tun.

2
Der Rettertyp

"Rettertypen" sind dem "Pflegetypen" sehr ähnlich, außer dass sie aktiv nach misshandelten oder "armen" Tieren suchen und schon beinahe missionarisch alles retten müssen, dass keucht und fleucht. Sie sehen es als ihre Aufgabe, Tierleid zu verhindern, bekommen aber dann die Verwahrlosung im eigenen Haus gar nicht mehr mit.

3
Der Züchtertyp

Während bei den ersten beiden Typen ein psychologischer Hintergrund für das "Animal-Hording" zuständig ist, so liegt beim "Züchtertyp" ein rein kommerzielles Interesse an der Tierhortung. Er züchtet illegal und ohne geeignete Infrastruktur seine Tiere aktiv und unkontrolliert zuhause, um sie zu verkaufen. Meistens bleibt er jedoch auf vielen Haustieren sitzen und das Schicksal nimmt seinen traurigen Lauf.

Der typische "Hoarder" ist weiblich, alleinstehend und nicht berufstätig. Vor allem zwischen 50 und 65 Jahren sollen vereinsamte Damen dazu zu neigen, ihrem Leben mit dieser "Aufgabe" einen neuen Sinn zu geben. Der Mensch möchte ja gebraucht werden und fühlt sich zumindest zu Beginn dieser Tätigkeit als wertvolles Mitglied der Gesellschaft. Die Abwärtsspirale ist jedoch unausweichlich und Tier-Messies schotten sich aus diversen Gründen, wie beispielsweise Scham komplett von der Außenwelt ab. Ab einer gewissen Anzahl von Hunden und Katzen ist auch die individuelle Bindung nicht mehr möglich, weshalb solche Tiere meistens nicht zahm und schwer vermittelbar sind.

"Animal-Hoarder" stellen die Tierheime jedenfalls vor eine große Herausforderung. Auf einen Schlag bis zu 150 Hunde oder 1000 Ratten übernehmen zu müssen treibt selbst die beste Kapazität an ihre Grenzen. Die Krankheit ist zuweilen noch nicht anerkannt und es gibt kaum Therapiemöglichkeiten, weshalb es leider immer wieder zu "Animal-Hording" im selben Haushalt kommen kann. Tierhalteverbote werden zwar in manchen Fällen von den Amtstierärzten ausgesprochen, hindern erkrankte Personen aber nicht daran sich wieder das ein- oder anderen "arme" Kätzchen übers Internet zu holen, da das Leben ganz ohne Tier auch suizidale Folgen für die Betroffenen haben kann.

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