Österreich

Neues Tierhaltegesetz schadet mehr als es nutzt

Heute Redaktion
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Wiener Stadträtin Ulli Sima will um jeden Preis die neue Tierhalte-Novelle durchbringen. "Völlig sinnlos", "vollkommen absurd" oder "nicht tierschutzkonform" lautet die Kritik der Experten.
Wiener Stadträtin Ulli Sima will um jeden Preis die neue Tierhalte-Novelle durchbringen. "Völlig sinnlos", "vollkommen absurd" oder "nicht tierschutzkonform" lautet die Kritik der Experten.
Bild: Sabine Hertel

Hunde, die einmal zugebissen haben, dürften zukünftig pauschal getötet werden, kritisiert Vier Pfoten. Auch eine generelle Maulkorbpflicht sei "völlig sinnlos".

Die Wiener Tierhalte-Novelle wird derzeit von Experten wie Hundehaltern scharf kritisiert. Die Maßnahmen seien weder sinnvoll noch aus "Tierschutzsicht vertretbar", lautet die Kritik von VIER PFOTEN. "Vollkommen absurd", sagt auch die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, Madeleine Petrovic. Mit dem Slogan "Mein bester Freund ist keine Bestie", protestiere die FPÖ am heutigen Donnerstag vor dem Wiener Rathaus gegen den Beschluss.

Dennoch - Wiener Stadträtin Ulli Sima will die Gesetzesänderungen um jeden Preis durchbringen.

Hund, der einmal gebissen hat, darf getötet werden

Simas Novelle sieht eine generelle Maulkorbpflicht für Listenhunde sowie eine 0,5 Promille-Grenze für deren Halter vor. Besonders schockierend Paragraph 8, Absatz 5 des Entwurfes. Er besagt, dass Tiere, von denen eine "Belästigung" oder Gefahr für Mensch oder Artgenossen ausgeht, von der Behörde abgenommen und auch getötet werden dürfen.

"Es trägt nicht zur Lösung des Problems bei, wenn gesunde Tiere pauschal eingeschläfert werden, weil sie sich problematisch verhalten haben", so Martina Pluda von VIER PFOTEN. Man müsse die näheren Umstände der Aggression prüfen und medizinisch abklären lassen. "Viele Hunde können wieder sozialisiert oder auch behandelt werden." Die Maßnahme sei ein "Rückschritt im Tierschutz."

Ausnahmeregelung fragwürdig

Ausgenommen von der Verordnung seien Hunde, die aus "Notwehr" zubeißen und/oder gequält werden/wurden, so Sima. Wie das überprüft werden soll, ist jedoch fraglich. Vorallem wenn man bedenkt, dass in einer "Mensch-Hund-Aussage-gegen-Aussage"-Situation, nur die menschliche Partei die Situation schildern kann.

Problem ist nicht die Rasse, sondern der Halter

Dass Listenhunde im Fokus der Novelle stehen ist für VIER PFOTEN unverständlich. Der Rassetyp bedeute "nicht automatisch, dass ein Hund gefährlich ist", so Pluda. „Oft hat dies mehr mit dem Besitzer und seinem Mangel an Verantwortung für das Tier zu tun. Das Problem bei schlecht sozialisierten und verhaltensauffälligen Hunden sitzt eigentlich so gut wie immer am anderen Ende der Leine."

Maßnahmen wie ein verpflichtender Hundeführschein für alle Hundebesitzer und sehr viel mehr Aufklärungsarbeit wären laut VIER PFOTEN wesentlich sinnvoller, um problematischen Situationen vorzubeugen.

Am häufigsten beißen Deutsche Schäferhunde oder Dackel zu

Die meisten Beißunfälle (rund 80%) passieren laut Statistik im eigenen Haushalt - und zwar beim Spielen oder Kuscheln. Zudem führen nicht Listenhunde, sondern der Deutsche Schäferhund sowie kleinere Hunderassen wie Dackel, Spitze, Schnauzer oder Pekinesen die Beiß-Statistiken an. Verletzungen durch Hunde bei Kindern, sind im Vergleich zu anderen übrigens verschwindend selten. Sie erhalten (derzeit) jedoch sehr viel mehr mediale Aufmerksamkeit als andere.

Beschluss verschoben



Am heutigen Donnerstag sollte die Tierhalte-Novelle
trotz lautstarker Kritik von der rot-grünen Stadtregierung verabschiedet werden. Mangels 2/3 Mehrheit kam der Beschluss in erster Instanz nicht zustande. Nächste Woche wird erneut abgestimmt.

Was bisher geschah:



FP-Protest: "Mein bester Freund ist keine Bestie"


Maulkorb-Pflicht kommt durch die Hintertüre



Maulkorb schränkt Hunde bei Kommunikation ein

Listenhund-Besitzer fühlen sich bedroht

(mp)