Politik

Tierschützer laufen nun Sturm gegen Tierschutzgesetz

Heute Redaktion
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Tierschutzorganisationen sollten doch, würde man meinen, die Ersten sein, die sich über ein neues Tierschutzgesetz freuen. Doch in Österreich ist jetzt das Gegenteil der Fall. Das von der Regierung geplante und in Begutachtung gegebene Gesetz wird quer durch das Land von sämtlichen Organisationen abgelehnt.

Tierschutzorganisationen sollten doch, würde man meinen, die Ersten sein, die sich über ein neues freuen. Doch in Österreich ist jetzt das Gegenteil der Fall. Das von der Regierung geplante und in Begutachtung gegebene Gesetz wird quer durch das Land von sämtlichen Organisationen abgelehnt.

Rekordverdächtige 660 Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf – die allermeisten von tierschutzaffinen Personen mit kritischer Sicht auf das Gesetz – langten im Parlament ein und wandten sich an das Ministerium, um wesentliche Änderungen zu fordern.
Petition vom Tierschutzverein

Der Präsident des Österreichischen Tierschutzverein ÖTV, Harald Haslwanter dazu: „Die geplante Änderung des Tierschutzgesetzes erhöht das Tierleid erheblich. Doch das ist genau die falsche Richtung, in die ein Tierschutzgesetz gehen muss. Mit unserer Petition fordern wir eine Neuformulierung der Gesetzesnovelle zu Gunsten der Tiere. Die Möglichkeit zur Unterschrift bietet der ÖTV auf seiner offiziellen Webseite, wie ebenso der eigens angelegten Petitionshomepage “

In der einer Pressekonferenz am Donnerstag sprachen vier führende Vertreter großer Organisationen und brachten die Kritik auf den Punkt:

Michel Hartl von United Creatures, Sprecher der Plattform „Fairferkel“, kritisiert vor allem, dass das neue Tierschutzgesetz kein Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration vorsieht, obwohl dieses in Deutschland ab 2019 in Kraft treten wird. Die Fachdiskussion sei geklärt, die praktische Umsetzung auch, es fehle lediglich am politischen Willen, die Kosten gerecht aufzuteilen. In Vorarlberg wird mit Landesförderung die Kastration mit Betäubung bereits flächendeckend umgesetzt.
Madeleine Petrovic, Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, plädierte vor allem für eine verpflichtende Kastration von Freigängerkatzen aus bäuerlicher Haltung. Bildlich schilderte sie den brutalen Umgang mit Streunerkatzen, die einfach getötet werden, wenn man sich ihrer entledigen will. Nur private Initiativen engagieren sich gegen die Explosion der Streunerkatzenpopulation, der Staat schaut nicht nur weg, sondern will mit einer zynischen Verschlechterung der Regelung ermöglichen, dass ab sofort jeder Katzenhalter sich einfach als ZüchterIn deklarieren und damit der Kastrationspflicht entgehen kann.
Harald Hofner, Präsident des Dachverbands Österreichischer Tierschutzorganisationen Pro-Tier, mit Vertreter in der Bundestierversuchskommission und im Tierschutzrat, wandte sich vor allem gegen die rigorosen Ausnahmen des Anbindehaltungsverbots für Rinder, die in diesem Gesetz vorgesehen sind. Die Volksanwaltschaft hatte einen Missstand darin festgestellt, dass aus rein ökonomischen Gründen Rinder ohne Ablaufdatum dauerhaft, d.h. 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche, am Stehplatz angekettet gehalten werden dürfen, obwohl es im Gesetz eigentlich ein Anbindehaltungsverbot gibt. Doch das neue Gesetz ignoriert die Bedenken der Volksanwaltschaft und speist sie mit einer Formalfloskel ab, die ins Gesetz geschrieben wurde, ohne in der Praxis auch nur irgendetwas zu ändern.
Martin Balluch, Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken mit 22.000 Mitgliedern, erinnerte insbesondere an den einstimmigen Beschluss des Tierschutzrates vom 15. März 2016, dass das Aussetzen gezüchteter Fasane, Rebhühner und Enten für die Jagd verboten werden muss. Die Expertise von Verfassungsexperte Stefan Hammer von der Uni Wien belegt eindeutig, dass dieses Verbot in das Bundestierschutzgesetz und nicht in die Landesjagdgesetze gehört, weil es um den Umgang mit den Tieren abseits der Ausübung der Jagd geht. Die Tiere leiden, wenn sie ausgesetzt werden, weil sie aus Massentierhaltungen stammen und sich in der freien Wildbahn nicht zurecht finden. Der Großteil verhungert oder fällt dem Straßenverkehr oder Raubtieren zum Opfer, bevor es überhaupt zur ersten Jagd kommt. Ein Verbot des Auswilderns ist trotz des Beschlusses des Tierschutzrates aber im geplanten Tierschutzgesetz nicht zu finden.