Welt

Timoschenko: Verhandelt nicht mit Janukowitsch!

Heute Redaktion
Teilen

Bei erneuten Massenprotesten in Kiew haben mehrere Zehntausend empörte Ukrainer für einen Rücktritt der Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch demonstriert. Auf Plakaten und in Sprechchören forderten die Anhänger der proeuropäischen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko am Sonntag sofortige Neuwahlen in der früheren Sowjetrepublik. Die inhaftierte Ex-Politikerin Julia Timoschenko rief die Demonstranten dazu auf, nicht mit Janukowitsch zu verhandeln.

Bei erneuten am Sonntag sofortige Neuwahlen in der früheren Sowjetrepublik. Die inhaftierte Ex-Politikerin Julia Timoschenko rief die Demonstranten dazu auf, nicht mit Janukowitsch zu verhandeln.

Auch die eisigen Temperaturen hielten Hundertausende von Ukrainern nicht davon ab, auf dem Unabhängigkeitsplatz (Majdan) der Hauptstadt zu demonstrieren. Die Demonstranten schwenkten ukrainische und auch EU-Fahnen und sangen die ukrainische Hymne.

Die Opposition gab die Zahl der Teilnehmer zunächst mit mindestens 500.000 an. Beobachter sprachen von etwa 100.000 Menschen kurz nach Beginn der Kundgebung. Mit der Demonstration unter dem Motto "Marsch der Million" wollen die Regierungsgegner nach mehr als zweiwöchigen Protesten neuen Druck auf die prorussische Führung ausüben.

Timoschenko ruft zu Unnachgiebigkeit auf

Die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hat die proeuropäische Opposition vor Kompromissen mit der Führung der Ex-Sowjetrepublik gewarnt. "Gebt nicht auf, und setzt euch nicht mit denen an einen Tisch", forderte die 53-Jährige am Sonntag in einer Erklärung, die ihre Tochter Jewgenija Timoschenko vor Hunderttausenden Demonstranten in der Hauptstadt Kiew verlas.

Ein Dialog mit der prorussischen Führung sei nur möglich, wenn Präsident Viktor Janukowitsch Neuwahlen zustimme. "Janukowitsch hat seine Legitimität in dem Moment verloren, in dem er das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterschrieb", betonte Julia Timoschenko, die eine umstrittene siebenjährige Haftstrafe absitzt.

Auch Boxweltmeister und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte bei der Großkundgebung in Kiew vorgezogene Parlaments- und Präsidentenwahlen. "Ich bin überzeugt, dass wir die Regierung mit friedlichen Mitteln stürzen können", sagte der Chef der Partei Udar (Schlag) auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan). Klitschko hatte zuletzt seine Absicht für eine Präsidentschaftskandidatur erklärt

Inneniministerium warnt vor "Provokationen"

Janukowitsch hatte ein Abkommen über eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union auf Druck Russlands gestoppt und . Das Innenministerium in Kiew warnte vor "Provokationen" gegen die Sicherheitskräfte. Ausschreitungen würden streng bestraft.

Die Popsängerin Ruslana rief die Demonstranten zum Durchhalten auf. "Der Majdan ist heute nicht nur ein Platz der Unabhängigkeit, sondern auch ein Platz der Hoffnung", sagte die Siegerin des Eurovision Song Contests von 2004 ("Wild Dances").

Klitschko hatte die Regierungsgegner am Vorabend noch einmal zu einer regen Teilnahme aufgerufen. "Mehr als eine Million Menschen müssen Präsident Viktor Janukowitsch klarmachen, dass er unsere Bedingungen erfüllen muss", sagte der 42-Jährige. Dazu gehöre auch die Freilassung der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. "Wer nicht in einem Polizeistaat leben will, sondern in einem modernen Land, sollte nicht gleichgültig bleiben", betonte Klitschko.

Nächste Seite: Kritik an EU-Politik

Auf Plakaten und in Sprechchören forderten die Anhänger der proeuropäischen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko am Sonntag sofortige Neuwahlen in der früheren Sowjetrepublik. Die Europäische Volkspartei (SVP) will dem Ex-Boxer demonstrativ den Rücken stärken. Der polnische Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski kritisierte unterdessen die zögerliche Haltung der EU.

Inzwischen haben sich westliche Politiker zu einer aktiveren Unterstützung der ukrainischen Opposition durchgerungen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Europäische Volkspartei (EVP) wollen Klitschko dem Hamburger Magazin "Der Spiegel" zufolge durch gemeinsame Auftritte stärken. Geplant sei, den Boxer zum Oppositionsführer und Gegenkandidaten von Präsident Janukowitsch aufbauen, hieß es. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Dem Bericht zufolge ist geplant, dass Klitschko beim nächsten Treffen der EVP-Staats- und Regierungschefs in Brüssel Mitte Dezember auftritt. Der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok von der EVP hatte die ukrainische Führung erst am Vortag bei einem Auftritt in Kiew zu einem europäischen Kurs aufgefordert. "Herr Präsident Viktor Janukowitsch, hören Sie auf Ihr Volk!", hatte Brok appelliert.

Harsche Kritik an EU

Der polnische Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski warf der EU unterdessen Naivität vor im Umgang mit der Ukraine. Bereits seit Sommer sei klar gewesen, dass Russland das Assoziierungsabkommen zwischen Brüssel und Kiew torpedieren werde, sagte Kwasniewski dem "Spiegel".

Der Westen habe die Entschlossenheit des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterschätzt - er habe aber auch das unterschätzt, was sich in Kiew abspiele. Die Führung um Präsident Janukowitsch habe keine Strategie und wolle nur überleben. Kwasniewski hatte mit dem früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pat Cox, zuletzt EU-Gespräche mit der Ukraine geführt.

;