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Todkranke Mutter darf ihre Kinder nicht mehr sehen

Eine todkranke Mutter, die laut eigener Aussage jahrelang psychischer Gewalt durch ihren Ehemann ausgesetzt war, wurde von ihren Kindern getrennt. 
17.08.2023, 05:13

Eine vierfache Mutter aus der Schweiz leidet seit Jahren an Brustkrebs. Sie befindet sich bereits im Endstadium des Brustkrebses und ihr Oberkörper ist von Metastasen befallen. Chemotherapie hilft nicht mehr. "Ich lebe in der Hölle auf Erden mit der Aussicht auf nichts", sagt die Mutter gegenüber dem "Beobachter" (Bezahlartikel). Einzig ihre vier Kinder hielten sie noch am Leben. Doch diese dürfe sie nach einem Entscheid des Regionalgerichts Anfang Juli nicht mehr sehen – sie sei emotional nicht ausreichend stabil.

Die traurige Geschichte beginnt 2015 als die Mutter ihren langjährigen Partner heiratete. Die Ehe habe früh zu bröckeln begonnen, auch wegen des Asperger-Syndroms, einer Form von Autismus, ihres Ehemannes. "Ich fühlte mich oft unverstanden, emotional und psychisch", erklärt die Mutter gegenüber der Konsumenten- und Beratungszeitschrift weiter. Für die Kinder habe sie darüber hinweggesehen. Doch im Januar 2022 sei ihr alles zu viel geworden: Sie sei zusammengebrochen und habe sich in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. Diagnose: Erschöpfungsdepression.

Am Folgetag habe sie die Klinik bereits wieder verlassen. Jemand habe schließlich für die Kinder da sein müssen – ihr Ehemann habe Vollzeit gearbeitet und kaum Zeit gehabt. Aus diesem Grund habe sie sich ambulant behandeln lassen und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) um Unterstützung gebeten. Diese habe "die Hilfe verweigert" und stattdessen psychiatrische Hilfe angeordnet.

Sie wirft ihren Mann aus dem Haus

Die Spannungen des Ehepaares verschärften sich zunehmend und Ende Mai 2022 fühlte sich die Mutter von ihrem Mann eingeengt und nicht ernstgenommen, weshalb sie ihn aus dem Haus wirft. Nach ihrer Aussage konnte sie nicht einmal zum Arzt gehen, weil sie Angst hatte, dass ihr Mann dann nicht für die Kinder dagewesen wären, schreibt der "Beobachter". Danach zieht sie mit den zwei kleinen Kindern für einige Tage in ein Frauenhaus, weil sie Hilfe gebraucht habe. Die älteren seien zu dieser Zeit beim Vater geblieben.

Der Vater sieht das Ganze etwas anders. Er habe ihr wiederholt Hilfe angeboten, doch sie habe stets abgelehnt, schildert er gegenüber dem "Beobachter". Er hätte nach der Arbeit und am Wochenende im Haushalt geholfen und die Kinder betreut. Die Akten sollen dies bestätigen. Auch die Hilfe der Polizei, die eine Familienbegleitung und Beistandschaft für die Kinder vorschlug, habe ihr nicht gefallen.

Vom Sommer bis Winter habe die Mutter dann die alleinige Obhut für die Kinder gehabt, der Vater sei in ein Studio gezogen und habe sich laut eigener Aussage bewusst zurückgezogen. Er habe sich und die Kinder schützen und kein "Trigger" sein wollen. Ab dem Winter teilten sie sich die Obhut dann wieder.

Diagnose: Brustkrebs im Endstadium

Dann folgt der nächste Dämpfer: Bei der Mutter wird Brustkrebs im Endstadium diagnostiziert. "Als ich endlich leben konnte, machte meine Gesundheit nicht mehr mit", erzählt die Mutter. Sie entscheidet sich für eine aggressive Behandlung. "Meine Kinder haben das Recht, möglichst lange ein Mami zu haben", sagt sie zu ihrem Entschluss. Die Behandlung verursacht ein Chemo-Brain. "Ich war erschöpft, konnte kurzzeitig kaum mehr lesen oder richtig denken", schildert sie. Der Vater habe zwar Hilfe angeboten, doch hätte laut der Mutter nur das Nötigste getan.

Die ersten Monate des Jahres 2023 seien äußerst schwierig gewesen. "Ich verlor mehrmals den Boden unter den Füssen", sagt sie. Es folgten Zusammenbrüche, Klinikaufenthalte und ein Suizidversuch. Die Kinder entfernten sich zunehmend von der Mutter und lebten inzwischen wieder beim Vater. Zweimal wöchentlich dürfen sie die Mutter in Begleitung einer Sozialpädagogin besuchen.

Sie darf ihre Kinder gar nicht mehr sehen

Im April machen die Mutter und ihre vier Kinder Ferien in einem betreuten Wohnen. Alle Kinder würden bei ihr bleiben wollen, sagt die Mutter. Dies sollen die Kinder auch gegenüber der Kesb geschildert haben. Dennoch kommt noch während der Ferien die Hiobsbotschaft: Die Kinder sollen vollständig in die Obhut des Vaters übergeben werden, denn die Behörden halten die Mutter für emotional zu instabil, um sich angemessen um die Kinder zu kümmern.

Die Mutter bricht daraufhin zusammen und benötigt einen Notfallpsychiater. "Auch die Kinder leiden unter der Entfremdung. Je länger ich das ansehen muss, desto schlechter geht es mir", so die Mutter.

Der definitive richterliche Entscheid folgt Anfang Juli: Die Mutter darf ihre Kinder gar nicht mehr sehen. Sie sei zu instabil und habe ihre Kinder kontaktiert, obwohl es ihr untersagt war: "Ich hatte ihnen sagen wollen, dass ich sie liebe und für sie da sein will", verteidigt sich die Mutter.

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