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Tomislav Nikolic neuer Präsident Serbiens

Heute Redaktion
14.09.2021, 16:25

Serbien hat am Sonntag einen politischen Erdrutsch erlebt. Der Chef der Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS), Tomislav Nikolic, hat entgegen allen Wahlprognosen in seinem vierten Anlauf seit 2003 die Präsidentschaftswahl gewonnen. Zweimal, in den Jahren 2004 und 2008, musste der nun 60-jährige Politiker in der Stichwahl eine Niederlage gegen den Chef der Demokratischen Partei (DS), Boris Tadic, einstecken.

Im Jahre 2003 war die Präsidentschaftswahl wegen niedriger Wahlbeteiligung annulliert worden. Nachdem die dem Demokraten Tadic zugeneigte Öffentlichkeit dem ehemaligen Nationalisten schon seine politische Pensionierung prophezeite, hat er es nun doch geschafft. Die niedrige Wahlbeteiligung begünstigte dabei seinen Wahlsieg.

Nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen lag Nikolic am Wahlabend bei 50,25 Prozent, der Amtsinhaber war mit 46,77 Prozent abgeschlagen. Ein endgültiges Ergebnis wird in den kommenden Tagen erwartet.

Regierungsbildung

Mit dem Wahlsieg von Nikolic werden auch die Karten für eine Regierungsbildung neu gemischt. Tadic hatte zwar in der ersten Wahlrunde am 6. Mai, die zugleich mit den Parlamentswahlen stattfand, gegen Nikolic knapp gewonnen hatte, und mit dem bisherigen Koalitionspartner, dem Sozialistenchef Ivica Dacic, eine erneute Regierungskoalition vereinbart. Für Nikolic war eine solche Zusammenarbeit am Sonntagabend aber nicht gewiss. "Wer hat gesagt, dass die SNS-Vizevorsitzende Jorgovanka Tabakovic nicht die neue Regierungschefin sein wird?", sagte Nikolic auf die Frage nach dem zukünftigen Kabinett. Die SNS ist mit 73 Mandaten die stärkste Kraft im Parlament, vor der Demokratischen Partei mit 67 Sitzen. Die Sozialisten haben 44 Mandate.

Vor der Stichwahl hatte Nikolic unter den Parlamentsparteien nur die Unterstützung der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) des früheren nationalkonservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica erhalten. Diese hält 21 Mandate im 250-Sitze-Parlament. Will die SNS tatsächlich auch die neue Regierung bilden, braucht sie breitere Unterstützung. Tadic ließ allerdings wissen, dass seine bisherigen Bündnispartner das Lager nicht gewechselt hätten.

Was kommt?

Nach Einschätzung der Experten ist die Lage schwierig. Eine Große Koalition wäre nun die einfachste Lösung, meint der Wirtschaftsexperte Miroslav Zdravkovic. Doch Tadic hatte vor den Wahlen eine solche Möglichkeit klar ausgeschlossen. Der Chef des Zentrums für Neue Politik, Vladimir Todoric, bekundete gegenüber Belgrader Medien unterdessen die Befürchtungen, dass Serbien angesichts des Kräfteverhältnisses im Parlament nicht so bald eine neue Regierung bekommen wird.

Nikolic enthüllte unterdessen seine Pläne für die erste Zeit nach der Amtseinführung. Die erste Auslandsreise werde ihn sehr wahrscheinlich nach Russland führen, erklärte er. Er sei am 25. Mai zum Parteitag der Regierungspartei "Geeintes Russland" eingeladen worden, verkündete Nikolic. Schon vor der Stichwahl hatte er ein anderes Ansinnen bekundet: Er werde um ein Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ersuchen. "Deutschland ist der wichtigste Bündnispartner Serbiens in der Europäischen Union", unterstrich Nikolic nach dem Wahlsieg erneut.

Während die Anhänger der SNS vor allem im südserbischen Nis am Sonntagabend den unerwarteten Wahlsieg auf den Straßen feierten, war es im Sitz der Demokratischen Partei still. Die Wahlen hätten gezeigt, dass sich die Bürger Serbiens mehrheitlich wünschten, Tadic nicht mehr zum Staatschef zu haben, sagte ein Alliierter von Tadic, der Chef der Liga der Vojvodina-Sozialdemokraten (LVS), Nenad Canak. Es gebe es aber keinen Grund zur Traurigkeit. Es sei nicht das erste Mal, dass die Wahlen merkwürdige Resultate brächten, so Canak.

Tadics Anhänger blieben Wahl fern

Enttäuscht wurde Tadic am Sonntag vor allem von seinen eigenen Anhängern, von denen sich viele offenbar entschlossen hatten, dem Urnengang fernzubleiben. Nikolic wusste andererseits in den letzten Wochen die breite Unzufriedenheit der Bevölkerung geschickt zu nutzen. Er verwies immer wieder auf die Wirtschaftsmisere, schleppende Justizreformen, Korruption und organisierte Kriminalität. Die Schuld daran hätten Tadic und seine regierende Demokratische Partei, betonte Nikolic unermüdlich bei seinen Wahlkundgebungen.

Der abgewählte Präsident versuchte sich am Wahlabend in Zuversicht. Er sei nicht enttäuscht, sagte Tadic am Sonntagabend. "Lasst uns in einem anderen Film sehen", sagte der Politiker am Schlusspunkt seiner achtjährigen Amtszeit.

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